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Desmopressin

Wirkmechanismus

Strukturanalogon des körpereigenen Hypophysenhinterlappen-Hormons Adiuretin (= antidiuretisches Hormon = ADH = Vasopressin):
Agonist an V1- und V2-Rezeptoren

Anwendung

Zentraler Diabetes insipidus

Beim zentralen Diabetes insipidus (= Diabetes insipidus centralis, „Wasserharnruhr“) fehlt oder mangelt es an dem körpereigenen Hypophysenhinterlappen-Hormon Adiuretin (= antidiuretisches Hormon = ADH = Vasopressin).
Davon abgegrenzt werden muss der Diabetes insipidus renalis, bei dem eine Resistenz gegen das vorhandene ADH in den Sammelrohren der Nieren vorliegt.

ADH ist ein Nonapeptid, das im Hypothalamus gebildet und über axonalen Transport in den Hypophysenhinterlappen transportiert wird, wo schließlich die Freisetzung in den Blutkreislauf stattfindet. Neben autosomal-dominant vererbten Gendefekten kommen als Ursache für den zentralen Diabetes insipidus Schädel-Hirn-Traumata mit Abriss des Hypophysenstiels bzw. Operationen, Tumore, Entzündungen, Blutungen oder Infarkte im Bereich der Hypophyse in Frage. Etwa bei einem Drittel der Fälle kann keine eindeutige Ursache gefunden werden, wobei dann eine Autoimmunerkrankung vermutet wird.

Die klassischen Symptome eines Diabetes insipidus sind eine übermäßig starke Urinausscheidung (= Polyurie) und ein gesteigertes Durstgefühl (= Polydipsie) verbunden mit vermehrtem Trinken. Durch die fehlende Wirkung von ADH an den Sammelrohren der Niere, wo etwa 10 % des Primärfiltrats rückresorbiert werden, können bis etwa 18 Liter Urin/Tag ausgeschieden werden.
Bei der Diagnose sind die Anamnese der o. a. charakteristischen Symptome und ein MRT des Gehirns bereits wegweisend. Daneben fällt die erniedrigte Urinosmolalität bei gleichzeitig erhöhter Serumosmolalität auf. Zur Bestimmung der Nierenkonzentrationsfähigkeit und zur Unterscheidung zwischen einem Diabetes insipidus zentralis und renalis kann ein ADH-Durst-Versuch durchgeführt werden. Dabei wird die Osmolalität des Urins vor Desmopressin-Gabe und jeweils etwa 2 und 4 Stunden nach Desmopressin-Gabe bestimmt. Erniedrigte Werte der Urinosmolalität und ein fehlender Anstieg der Osmolalität unter der Gabe von Desmopressin deuten auf einen Diabetes insipidus renalis hin. Erniedrigte Werte der Urinosmolalität und ein Anstieg der Osmolalität nach Desmopressin-Gabe sprechen für einen Diabetes insipidus zentralis.

Bei der Behandlung des zentralen Diabetes insipidus steht die mögliche Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund. Die Gabe von Desmopressin als ADH-Analogon kann das fehlende ADH ersetzen. Bei komatösen Patienten muss gegebenenfalls die Dehydratation und Hypernatriämie behandelt werden.

Bei einem Diabetes insipidus renalis liegt statt eines ADH-Mangels eine ADH-Resistenz in den Sammelrohren der Niere vor. Das erklärt, warum eine Gabe von Desmopressin nicht wirken kann. Paradoxerweise kann bei einem Diabetes insipidus renalis die Gabe von Thiaziddiuretika wie z. B. Hydrochlorothiazid eine Symptomlinderung herbeiführen. Die vermehrte Natrium-Ausscheidung führt dabei zu einer Konzentrierung des Urins.

Traumatisch bedingte Polyurie und Polydipsie

Nach traumatischen Ereignissen wie z. B. einer Hypophysektomie, Operationen im Hypophysenbereich oder Schädel-Hirn-Traumata kann es zu einem vorübergehenden zentralen Diabetes insipidus mit einem Mangel des Hypophysenhinterlappen-Hormons Adiuretin (= antidiuretisches Hormon = ADH = Vasopressin) kommen.

Die klassischen Symptome eines Diabetes insipidus sind eine übermäßig starke Urinausscheidung (= Polyurie) und ein gesteigertes Durstgefühl (= Polydipsie) verbunden mit vermehrtem Trinken. Durch die fehlende Wirkung von ADH an den Sammelrohren der Niere, wo etwa 10 % des Primärfiltrats rückresorbiert werden, können bis etwa 18 Liter Urin/Tag ausgeschieden werden.

Bei der Behandlung des traumatisch bedingten zentralen Diabetes insipidus steht die mögliche Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund. Die Gabe von Desmopressin als ADH-Analogon kann das fehlende ADH ersetzen. Bei komatösen Patienten muss gegebenenfalls die Dehydratation und Hypernatriämie behandelt werden.

Antihämorrhagikum

Bei Patienten mit einer angeborenen oder medikamentös induzierten Thrombozytendysfunktion bzw. bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Hämophilie A oder mit von-Willebrand-Jürgens-Krankheit kann die Gabe von Desmopressin vor kleineren Operationen wie z. B. Zahnextraktionen oder nach kleineren Unfällen erfolgen.

Bei der von-Willebrand-Jürgens-Krankheit liegt ein Mangel oder Defekt des von-Willebrand-Faktor-Antigens (vWF:Ag), dem Trägerprotein von Faktor VIII vor. Das führt wie bei einer angeborenen oder medikamentös induzierten Thrombozytendysfunktion zu einer Störung der zellulären Gerinnung und indirekt auch zu einer Störung der sich anschließenden plasmatischen Gerinnung, die sich in einer verlängerten Blutungszeit und u. U. in einer Störung der partiellen Thromboplastinzeit (= PTT) äußert.
Bei Patienten mit Hämophilie A liegt ein erbbedingter Mangel an Gerinnungsfaktor VIII vor, der sich in einer Störung der plasmatischen Gerinnung (Verlängerung der PTT) niederschlägt und zu u. U. lebensbedrohlichen Blutungen führen kann.

In hohen Dosierungen führt Desmopressin über V2-Rezeptoren (= Vasopressin-Rezeptoren, Vasopressin = ADH) zu einem 2- bis 4-fachen Anstieg des Gerinnungsfaktor VIII und zu einem geringeren Anstieg des von-Willebrand-Faktor-Antigens (vWF:Ag), dem Trägerprotein von Faktor VIII. Das kann zu einer Normalisierung von Blutungszeit und partieller Thromboplastinzeit führen und die Gefahr von Blutungskomplikationen während einer Operation vermindern.
Die Wirksamkeit von Desmopressin bezüglich der Erhöhung von Gerinnungsfaktor VIII und vWF:Ag ist individuell sehr unterschiedlich.
Sofern die parenterale Wirksamkeit von Desmopressin bei einem Patienten noch nicht bekannt ist, wird empfohlen, mehrere Tage vor einer geplanten Operation dessen Wirksamkeit auf den Gerinnungsstatus zu testen. Wird keine ausreichende Wirkung erzielt, muss bei Hämophilie A-Patienten auf die zusätzliche Gabe von -sehr viel teurerem- Gerinnungsfaktor VIII zurückgegriffen werden.

Primäre Enuresis nocturna

In der Regel lernen normal entwickelte Kinder bis zum Ende des 4. Lebensjahres, ihre Harnblase zu kontrollieren. Als Enuresis wird dann das unwillkürliche Einnässen nach dem 3. bzw. 4. Lebensjahr bezeichnet, wenn eine körperliche Ursache nicht festgestellt werden kann. Es können verschiedene Formen der Enuresis unterschieden werden:

Bei der primären Enuresis ist das Kind noch nie über einen längeren Zeitraum „trocken“ gewesen, d. h. eine Kontrolle über die Harnblase hat noch nie bestanden. Hierbei wird von einer konstitutionellen Entwicklungsstörung des Kindes ausgegangen. Es kann etwa die Innervation der Harnblase über das vegetative Nervensystem noch nicht vollständig ausgebildet sein, so dass die Rückmeldung des Füllungszustandes zum ZNS fehlerhaft ist. Die primäre Enuresis tritt familiär gehäuft auf und deutet auf einen Gendefekt hin.
Bei der sekundären Enuresis hat das Kind schon seit mindestens 6 Monaten gelernt gehabt, die Blase zu beherrschen und nässt aktuell wieder ein. Hierbei werden in der Regel psychische Ursachen vermutet. Das erneute Einnässen kann als Warnsignal für Ereignisse gedeutet werden, die das Kind nicht verarbeitet hat, wie z. B. die Geburt eines Geschwisters oder häusliche Gewalt.
Weiterhin kann zwischen der Enuresis diurna, dem Einnässen tagsüber, und der Enuresis nocturna, dem nächtlichen Einnässen, unterschieden werden.
Typisch für die Enuresis nocturna ist das völlig durchnässte Bett beim Aufwachen. Die Eltern berichten häufig, dass das Kind in der Nacht tief schläft und nur schwer erweckbar ist. Ebenso typisch ist das Fehlen jeglicher Tagessymptomatik wie Pollakisuris (= häufiges Wasserlassen) imperativer Harndrang oder Miktionsstörungen.
Zur Diagnostik sollte der Urogenitaltrakt untersucht werden, um organische Ursachen auszuschließen. Ein Miktionsprotokoll mit den jeweiligen Zeiten und Urinmengen über mehrere Tage sowie die jeweiligen Trinkmengen sollte angefertigt werden. Insbesondere die nächtliche Urinmenge ist zur Beurteilung des Schweregrades wichtig.
Zur Behandlung kann eine Verhaltenstherapie mit oder ohne Weckapparaten („Klingelhosen“), Übungen zur Blasenkontrolle oder eine medikamentöse Therapie mit Desmopressin im Rahmen eines medizinischen Gesamtkonzepts durchgeführt werden.

Desmopressin ist ein wesentlich stärker und länger wirkendes Strukturanalogon vom körpereigenen Hypophysenhinterlappen-Hormon Adiuretin (= antidiuretisches Hormon = ADH = Vasopressin) und hat eine antidiuretische (= wasser-retinierende) Wirkung. Der Behandlungszeitraum erstreckt sich über 3 Monate. Danach sollte die Behandlung neu beurteilt werden.

Dosierung

Zentraler Diabetes insipidus bzw. Polyurie und Polydipsie
Erwachsene:
1-4 µg i.v/ i.m./s.c. verteilt auf 1-2 Tagesdosen bzw. 3 x 0,1 bis 0,2 mg oral
Kinder:
0,4-1 µg i.v./i.m./s.c. verteilt auf 1-2 Tagesdosen bzw. 3 x 0.1 bis 0,2 mg oral

Antihämorrhagikum
Erwachsene und Kinder:
0,3-0,4 µg/kg KG ggf. alle 12-24 Stunden max. über 7 Tage

Primäre Enuresis nocturna
1 x abends vor dem Schlafen 0,2-0,4 mg oral

Patientenhinweis

Vor Behandlungsbeginn müssen organische Ursachen einer Polyurie und Polydipsie ausgeschlossen werden.
Während der Behandlung muss die Flüssigkeitszufuhr eingeschränkt und die -bilanz anhand von Körpergewicht und Bestimmung des Serum-Natriums überwacht werden. Besonders vorsichtig müssen Kinder unter 5, ältere Patienten über 65 Jahren sowie Patienten mit Erkrankungen, die besonders empfindlich auf Veränderungen im Flüssigkeitshaushalt reagieren, behandelt werden. Bei akuten Erkrankungen mit Einfluss auf den Flüssigkeitshaushalt sowie bei nachgewiesener Wasserintoxikation ist die Behandlung mit Desmopressin sofort abzubrechen.

Nebenwirkungen

  Wasserretention

Durch den antidiuretischen Effekt von Desmopressin kann es selten zu einer Wasserretention und zu einer Hyponatriämie kommen. Die Symptome können Gewichtszunahme, Kopfschmerzen (aufgrund des erhöhten intrakraniellen Drucks), Übelkeit und Ödembildung sein. In schweren Fällen kann es zu einem Hirnödem mit Krämpfen und Koma kommen.
Daher muss der Behandlung die Flüssigkeitszufuhr eingeschränkt und die –bilanz anhand von Körpergewicht und Bestimmung des Serum-Natriums (Referenzbereich Serum-Natrium 135-145 mmol/l) überwacht werden.
Gerade bei Kindern kann es während des Schwimmens zu einer erheblichen Wasseraufnahme kommen.

  Hyponatriämie

In sehr seltenen Fällen kann sich unter der Behandlung mit Desmopressin aufgrund des antidiuretischen Effektes eine Hyponatriämie (Serum-Natrium Referenzbereich 135-145 mmol/l) entwickeln. Die Symptome können von Desorientiertheit und Lethargie bis hin zu Krämpfen reichen. Kinder unter 5 Jahren und ältere Patienten über 65 Jahre reagieren besonders empfindlich gegenüber einer Hyponatriämie. Auch Patienten mit Erkrankungen, die besonders empfindlich auf Veränderungen im Flüssigkeitshaushalt reagieren, müssen engmaschig kontrolliert werden. Zu solchen Erkrankungen gehören die Cystische Fibrose (= CF = Mukoviszidose), KHK, Hypertonie, Herzinsuffizienz, Präeklampsie und chronische Nierenleiden.
Während der Behandlung muss daher die Flüssigkeitszufuhr eingeschränkt und die -bilanz anhand von Körpergewicht und Bestimmung des Serum-Natriums überwacht werden. Gerade bei Kindern kann es beim Schwimmen zu einer erheblichen Wasseraufnahme kommen.

  ZNS-Störungen, z. B. Kopfschmerzen

Häufig kommt es unter der Therapie mit Desmopressin zu zentralnervösen Störungen wie z. B. Kopfschmerzen oder Benommenheit. Diese Symptome können allerdings schon Anzeichen einer seltenen Wasserintoxikation sein, bei dem es u. a. auch zu einem Hirnödem und nachfolgend Krämpfen bzw. Koma kommen kann.

  Psychiatrische Störungen, z. B. Nervosität, Aggressivität

Häufig kommt es unter der Therapie mit Desmopressin auch zu psychiatrischen Nebenwirkungen wie z. B. emotionaler Labilität, Nervosität oder Aggressivität. Auch über Albträume wird häufig geklagt.

  Blutdruckanstieg, Tachykardie

Häufig kommt es unter der Behandlung mit Desmopressin zu Blutdrucksteigerungen und einer Tachykardie. Dafür kann der antidiuretische Effekt mit der Folge eines erhöhten Blutvolumens verantwortlich gemacht werden. Bei gefährdeten Patienten kann sich aus der Blutdrucksteigerung eine Hypertonie entwickeln. Bei Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung (KHK) kann es durch die Tachykardie vermehrt zu Angina-pectoris-Anfällen kommen.

  Erbrechen, Diarrhoe

Durch den antidiuretischen Effekt von Desmopressin kann es häufig als Folge der Wasserretention zu Brechreiz mit Erbrechen und Diarrhoe kommen. Bei einer Gastroenteritis ist die Therapie so lange zu unterbrechen bis sich der Flüssigkeitshaushalt des Patienten wieder normalisiert hat.
Die gastrointestinalen Symptome können bereits auf eine Wasserintoxikation hinweisen und sollten daher beobachtet werden.

  Flush

Während der Applikation von Desmopressin kann es häufig zu einer Flush-Symptomatik als einer systemische Reaktion kommen.

  Allergische Reaktionen

Sehr selten kann es unter der Behandlung mit Desmopressin zu allergischen Reaktionen wie z. B. Pruritus (= Juckreiz), Exanthem und Fieber bis hin zu Bronchospasmus und Anaphylaxie kommen.

  Nasenbluten, Rhinitis

Bei der Applikation von Desmopressin als Nasenspray kommt es sehr häufig zu lokalen Reizungen und einer behinderten Nasenatmung. Damit verbunden können häufig Nasenbluten und eine Rhinitis auftreten.

Kontraindikationen

Primäre und psychogene Polydipsie

Bei einer psychogenen oder primären Polydipsie (= gesteigertes Durstgefühl) liegt kein Mangel oder Insuffizienz des körpereigenen Hypophysenhinterlappen-Hormons Adiuretin (= antidiuretisches Hormon = ADH = Vasopressin) vor, der durch Desmopressin ausgeglichen werden könnte. Daher muss nach anderen Ursachen der Polydipsie gesucht werden wie z. B. ein Diabetes mellitus oder eine mögliche Alkohol-Abhängigkeit.

Hyponatriämie

Bei bereits bestehender Hyponatriämie (Serum-Natrium Referenzbereich 135-145 mmol/l) ist die Anwendung von Desmopressin kontraindiziert. Unter Desmopressin kann das Serum-Natrium aufgrund seines antidiuretischen Effektes weiter absinken. Es kann zu Desorientiertheit, Lethargie und Krämpfen bis hin zum Koma kommen.

Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (= SIADH)

Das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (= Schwarz-Bartter-Syndrom) bezeichnet eine Störung der Osmoregulation durch eine übermäßig hohe Sekretion vom körpereigenen Hypophysenhinterlappen-Hormons Adiuretin (= antidiuretisches Hormon = ADH = Vasopressin). Desmopressin ist ein Strukturanalogon von Adiuretin und verstärkt die Symptome der durch Adiuretin ausgelösten Wasserintoxikation mit Hyponatriämie. Die Anwendung von Desmopressin bei SIADH ist daher kontraindiziert.

Diuretika-pflichtige Erkrankungen, z. B. Herzinsuffizienz

Bei Erkrankungen wie z. B. der Herzinsuffizienz, die eine Behandlung mit Diuretika erfordern, ist der Einsatz von Desmopressin kontraindiziert. Dem diuretischen Effekt der Diuretika wird durch den antidiuretischen Effekt von Desmopressin entgegengewirkt.

Schweres von-Willebrand-Jürgens-Syndrom

Beim von-Willebrand-Jürgens-Syndrom liegt ein Mangel oder Defekt des von-Willebrand-Faktor-Antigens (vWF:Ag), dem Trägerprotein von Faktor VIII vor. Das führt wie bei einer angeborenen oder medikamentös induzierten Thrombozytendysfunktion zu einer Störung der zellulären Gerinnung und indirekt auch zu einer Störung der sich anschließenden plasmatischen Gerinnung, die sich in einer verlängerten Blutungszeit und u. U. in einer Störung der partiellen Thromboplastinzeit (= PTT) manifestiert. In hohen Dosierungen führt Desmopressin über V2-Rezeptoren (= Vasopressin-Rezeptoren, Vasopressin = ADH) zu einem 2- bis 4-fachen Anstieg des Gerinnungsfaktor VIII und zu einem geringeren Anstieg des von-Willebrand-Faktor-Antigens (vWF:Ag), dem Trägerprotein von Faktor VIII. Das kann zu einer Normalisierung von Blutungszeit und partieller Thromboplastinzeit führen und die Gefahr von Blutungskomplikationen während einer Operation vermindern.

Bei Patienten mit einem schweren von-Willebrand-Jürgens-Syndrom ist die Anwendung von Desmopressin kontraindiziert, weil damit kein ausreichender Anstieg des von-Willebrand-Faktors vor Operationen erreicht werden kann.

Niereninsuffizienz

Bei Patienten mit Niereninsuffizienz und einer Kreatinin-Clearance unter 50 ml/min ist die Anwendung von Desmopressin kontraindiziert. Die Ausscheidung von Desmopressin über die Nieren kann bei Niereninsuffizienz erniedrigt sein. Die Gefahr von Störungen im Wasser- und Elektrolythaushalt wird sowohl durch die Niereninsuffizienz als auch durch den antidiuretischen Effekt von Desmopressin übermäßig erhöht.

Wechselwirkungen

  Oxytocin

Durch die strukturelle Ähnlichkeit zum Hypophysenhinterlappen-Hormon Adiuretin (= antidiuretisches Hormon, ADH; Hypophysenhinterlappen = Neurohypophyse) und dessen Strukturanalogon Desmopressin hat Oxytocin in hoher Dosierung auch einen antidiuretischen Effekt. Bei gleichzeitiger Gabe von Desmopressin und Oxytocin kann es daher zu einer verstärkten Antidiurese mit der Gefahr einer Wasserintoxikation kommen.
Die strukturelle Ähnlichkeit von Desmopressin und Oxytocin bedingt auch eine Verminderung der Uterusdurchblutung. (Uterus = Gebärmutter).

Es wird empfohlen, bei gleichzeitiger Anwendung von Desmopressin und Oxytocin den Blutdruck, den Serum-Natriumspiegel und die Urinausscheidung zu überwachen, um die Gefahr einer Wasserintoxikaton rechtzeitig zu erkennen.

Zu Oxytocin wechseln

  Tricyclische Antidepressiva, SSRI

Bei der gleichzeitigen Anwendung von Desmopressin und tricyclischen Antidepressiva bzw. Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) kann es zu einer verstärkten Antidiurese mit der Gefahr einer Wasserintoxikation kommen.

Es wird empfohlen, bei gleichzeitiger Anwendung von Desmopressin und tricyclischen Antidepressiva bzw. SSRI den Blutdruck, den Serum-Natriumspiegel und die Urinausscheidung zu überwachen, um die Gefahr einer Wasserintoxikaton rechtzeitig zu erkennen.

Tricyclische Antidepressiva, SSRI anzeigen

  NSAR, z. B. Indometacin

Bei der gleichzeitigen Anwendung von Desmopressin und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie z. B. Indometacin kann es zu einer verstärkten Antidiurese mit der Gefahr einer Wasserintoxikation kommen. Die NSAR verringern als Prostaglandinsynthesehemmer die Nierendurchblutung.

Es wird empfohlen, bei gleichzeitiger Anwendung von Desmopressin und NSAR den Blutdruck, den Serum-Natriumspiegel und die Urinausscheidung zu überwachen, um die Gefahr einer Wasserintoxikaton rechtzeitig zu erkennen.

NSAR, z. B. Indometacin anzeigen

  Glibenclamid

Bei der gleichzeitigen Anwendung von Desmopressin und Glibenclamid kann es zu einer Abschwächung der erwünschten antidiuretischen Wirkung von Desmopressin kommen.

Es wird daher empfohlen, bei gleichzeitiger Anwendung von Desmopressin und Glibenclamid den Blutdruck, den Serum-Natriumspiegel und die Urinausscheidung zu überwachen, um die Dosis von Desmopressin gegebenenfalls anzupassen.

Zu Glibenclamid wechseln

  Lithium

Bei der gleichzeitigen Anwendung von Desmopressin und Lithium kann es zu einer Abschwächung der erwünschten antidiuretischen Wirkung von Desmopressin kommen.

Es wird daher empfohlen, bei gleichzeitiger Anwendung von Desmopressin und Lithium den Blutdruck, den Serum-Natriumspiegel und die Urinausscheidung zu überwachen, um die Dosis von Desmopressin gegebenenfalls anzupassen.

Zu Lithium wechseln

  Carbamazepin

Bei der gleichzeitigen Anwendung von Desmopressin und Carbamazepin kann es zu einer verstärkten Antidiurese mit der Gefahr einer Wasserintoxikation kommen.

Es wird empfohlen, bei gleichzeitiger Anwendung von Desmopressin und Carbamazepin den Blutdruck, den Serum-Natriumspiegel und die Urinausscheidung zu überwachen, um die Gefahr einer Wasserintoxikaton rechtzeitig zu erkennen.

Zu Carbamazepin wechseln

  Clofibrat

Bei der gleichzeitigen Anwendung von Desmopressin und Clofibrat kann es zu einer verstärkten Antidiurese mit der Gefahr einer Wasserintoxikation kommen.

Es wird empfohlen, bei gleichzeitiger Anwendung von Desmopressin und Clofibrat den Blutdruck, den Serum-Natriumspiegel und die Urinausscheidung zu überwachen, um die Gefahr einer Wasserintoxikaton rechtzeitig zu erkennen.

Strukturformel

Strukturformel

Kommentar

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Wirkmechanismus

Desmopressin ist ein vollsynthetisches Protein mit der gleichen Wirkung des strukturanalogen körpereigenen Hypophysenhinterlappen-Hormons Adiuretin (= antidiuretisches Hormon = ADH = Vasopressin). Es besteht aus neun Aminosäuren (= Nonapeptid). Dabei wurde das N-terminale Cystein desaminiert und in Position 8 L-Arginin durch D-Arginin substituiert.

Während ADH über die Gq/11-gekoppelten Vasopressin-Rezeptoren V1A und V1B an der glatten Gefäßmuskulatur seine vasokonstringierende (= vasopressorische) Komponente und über die Gs-gekoppelten Vasopressin-Rezeptoren V2 im Sammelrohr der Nieren seine antidiuretische Wirkung vermittelt, wird durch die strukturellen Veränderungen bei Desmopressin ein fast kompletter, erwünschter Verlust der vasopressorischen Wirkung erreicht. Die antidiuretische Wirkung über die V2-Rezeptoren im Sammelrohr der Nieren stellt bei Desmopressin die Hauptwirkung dar und ist gegenüber dem ADH deutlich verlängert. Bei Aktivierung von V2-Rezeptoren im Sammelrohr werden in der Tubuluszelle befindliche Aquaporine an die Zellmembran transportiert. Diese Aquaporine dienen als Wasserkanäle und steigern die Wasserpermeabilität zur Rückresorption von Wasser im Sammelrohr. In diesem Teil des Tubulusapparates werden etwa 10 % des normalen Primärfiltrats von etwa 180 Liter/Tag rückresorbiert, also etwa 18 Liter/Tag.
In hohen Dosierungen führt Desmopressin ebenfalls über V2-Rezeptoren zu einem 2- bis 4-fachen Anstieg des Gerinnungsfaktor VIII und zu einem geringeren Anstieg des von-Willebrand-Faktor-Antigens (vWF:Ag), dem Trägerprotein von Faktor VIII. Bei Patienten mit einer verlängerten Blutungszeit durch z. B. eine angeborene oder medikamentös induzierte Thrombozytendysfunktion kann die Gabe von Desmopressin vor kleineren Operationen zu einer Normalisierung der Blutungszeit und Blutgerinnung führen.

Desmopressin kann -je nach Indikation- oral, nasal oder parenteral verabreicht werden. Als ein Peptid liegt die Bioverfügbarkeit nach oraler Gabe nur bei 0,08 bis 0,16 %. Für die Indikationen Enuresis nocturna und ADH-Mangel sind bis zu 14 Stunden wirksame Plasmakonzentrationen über 1 pg/ml erreichbar. Als Nasenspray zur Behandlung des ADH-Mangels beträgt die Bioverfügbarkeit aufgrund der Resorption über die Nasen- und Rachenschleimhaut zwischen 3 und 5 %. Nach i.v.-oder subcutaner Gabe werden maximale Plasmakonzentrationen nach etwa einer Stunde erreicht und zeigen nach einer normalen i.v./s.c.-Dosis Werte von etwa 600 pg/ml. Die Plasmahalbwertszeit von Desmopressin liegt nach i.v.-Gabe bei 3,2 bis 3,6 Stunden. Die Dauer der beim Einsatz als Antihämorrhagikum erwünschten hämostatischen (=gerinnungs-auslösenden) Wirkung hängt von der Plasmahalbwertszeit des Gerinnungsfaktor VIII ab und beträgt daher etwa 8 bis 12 Stunden. Desmopressin wird nicht über das Cytochrom P-450-System metabolisiert. Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren mit einer Gesamt-Clearance von 7,6 l/Stunde.
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Patientenhinweis

Vor Behandlungsbeginn müssen organische Ursachen eines/r Adiuretin-Mangels oder -Insuffizienz (= antidiuretisches Hormon = ADH = Vasopressin) bzw. einer Polyurie und Polydipsie ausgeschlossen werden. Beispielhaft erwähnt seien hier die benigne Prostatahyperplasie (BPH), ein Harnwegsinfekt (HWI), Nierensteine, Tumore im Bereich der Harnwege, Störungen der Blasenfunktion, ein Diabetes mellitus (mit Polyurie aufgrund der Glucosurie) oder eine Schilddrüseninsuffizienz.

Während der Behandlung muss die Flüssigkeitszufuhr eingeschränkt und die -bilanz anhand von Körpergewicht und Bestimmung des Serum-Natriums (Referenzbereich Serum-Natrium 135-145 mmol/l) überwacht werden. Gerade bei Kindern kann es beim Schwimmen zu einer erheblichen Wasseraufnahme kommen. Durch den antidiuretischen Effekt von Desmopressin kann es zu einer Wasserretention und zu einer Hyponatriämie kommen. Die Symptome können Gewichtszunahme, Kopfschmerzen (aufgrund des erhöhten intrakraniellen Drucks), Übelkeit und Ödembildung sein. In schweren Fällen kann es zu einem Hirnödem mit Krämpfen und Koma kommen.
Kinder unter 5 Jahren und ältere Patienten über 65 Jahre reagieren besonders empfindlich gegenüber einer Hyponatriämie. Auch Patienten mit Erkrankungen, die besonders empfindlich auf Veränderungen im Flüssigkeitshaushalt reagieren, müssen engmaschig kontrolliert werden. Zu solchen Erkrankungen gehören die Cystische Fibrose (= CF = Mukoviszidose), KHK, Hypertonie, Herzinsuffizienz, Präeklampsie und chronische Nierenleiden.
Bei akuten Erkrankungen bzw. Symptomen mit Einfluss auf den Flüssigkeitshaushalt wie z. B. Gastroenteritis, Erbrechen, Durchfall, Fieber und akute systemische Infektionen muss die Behandlung mit Desmopressin so lange unterbrochen werden, bis sich der Flüssigkeitshaushalt wieder normalisiert hat.
Bei einer Wasserintoxikation ist die Behandlung mit Desmopressin sofort zu beenden. Ein Hirnödem bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung. Bei Flüssigkeitsretention empfiehlt sich die Gabe eines Schleifendiuretikums wie z. B. Furosemid.
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Dosierung

Die Dosierung von Desmopressin ist individuell anzupassen. Bei Anzeichen einer Wasserretention und/oder Hyponatriämie mit Kopfschmerzen, Ödemen, Übelkeit/Erbrechen, Gewichtszunahme und evtl. Krämpfen muss die Behandlung sofort abgebrochen werden.

Bei der Behandlung eines zentralen Diabetes insipidus oder traumatisch bedingter Polyurie und Polydipsie wird die Dosierung individuell durch eine Bestimmung von Harnmenge und Harn-Osmolalität ermittelt. Das Ziel soll eine adäquate Schlafdauer und eine ausgewogene Wasserbilanz sein. Die parenterale Gabe erfolgt nach Verdünnung mit isotonischer, steriler, pyrogenfreier NaCl-Lösung gemäß der Verdünnungstabelle in der Fachinfo. Erwachsene erhalten eine Tagesdosis von 1-4 µg Desmopressin, Kinder eine Tagesdosis von 0,4-1 µg, jeweils verteilt auf 1 bis 2 Tagesdosen. Besonders vorsichtig muss bei Säuglingen therapiert werden. Dabei beginnt man mit einer Tagesdosis von 0,1 µg Desmopressin i.v. Bei der oralen Einnahme sollte die Gabe immer mit gleichem Abstand zu den Mahlzeiten erfolgen, weil die Nahrungsaufnahme die Resorption von Desmopressin vermindert. Begonnen wird die orale Therapie bei Erwachsenen und Kindern mit 3 x täglich 0,1 mg Desmopressin. Die notwendigen Tagesdosen können zwischen 0,2 und 1,2 mg liegen. Die meisten Patienten sprechen auf eine Erhaltungsdosis von 3 x täglich 0,1 bis 0,2 mg Desmopressin an.

Zur Steigerung der Faktor VIII-Gerinnungsaktivität werden viel höhere Dosierungen benötigt. Die Wirksamkeit von Desmopressin sollte vor dem eventuellen operativen Eingriff bei dem jeweiligen Patienten gesichert sein. Daher wird einige Tage vor dem geplanten Eingriff eine Probeinfusion mit Desmopressin zur Bestimmung des zu erwartenden Gerinnungsstatus durchgeführt. Die parenterale Gabe erfolgt nach Verdünnung mit isotonischer, steriler, pyrogenfreier NaCl-Lösung gemäß der Verdünnungstabelle in der Fachinfo. Die Applikation erfolgt etwa 1 Stunde vor dem geplanten Eingriff als langsame Infusion über 30 Minuten. Die Behandlung kann postoperativ in 12-24-stündigem Abstand über maximal 7 Tage fortgesetzt werden. Der Gerinnungsstatus muss in dieser Zeit überwacht werden. Bei mehrfacher Gabe in kurzen Zeitabständen kann eine Tachyphylaxie (= Wirkverlust) auftreten. Wenn notwendig, kann gleichzeitig zur Verbesserung der Gerinnung die Gabe eines Antifibrinolytikums wie z. B. Tranexamsäure (= Arzneistoffe, die einen Gerinnungsthrombus wieder auflösen) gegeben werden. Die hohen Dosierungen erfordern wegen der Gefahr einer Wasserintoxikation auch eine enge Überwachung des Flüssigkeitshaushaltes.

Zur Therapie einer primären Enuresis nocturna wird eine Anfangsdosis von 0,2 mg Desmopressin oral vor dem Schlafen empfohlen. Bei ausbleibendem Therapieerfolg kann die Dosis auf 0,4 mg gesteigert werden. Bei der oralen Einnahme sollte die Gabe immer mit gleichem Abstand zu den Mahlzeiten erfolgen, weil die Nahrungsaufnahme die Resorption von Desmopressin vermindert. Die Flüssigkeitseinnahme muss eine Stunde vor Einnahme und bis mindestens 8 Stunden nach der Einnahme auf ein Minimum reduziert werden. Nur bei Durst sollte getrunken werden. Die Therapie sollte maximal bis zu 3 Monate erfolgen. Zur Einschätzung des Behandlungserfolges sollte vor einem eventuellen Fortsetzen die Therapie mindestens eine Woche lang unterbrochen werden.

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