Ursodesoxycholsäure wird zur Auflösung von Cholesterin-Gallensteinen in der Gallenblase (= vesica biliaris) eingesetzt. Cholesterin-Gallensteine sind dadurch gekennzeichnet, dass sie im Röntgenbild keinen Schatten geben. Für eine erfolgversprechende Therapie dürfen die Gallensteine nicht größer als 15 mm im Durchmesser sein und die Funktion der Gallenblase muss noch weitgehend erhalten sein, damit der Arzneistoff überhaupt dorthin gelangt.
Die Galle wird in der Leber produziert, in der Gallenblase gespeichert und gelangt über den Ductus choledochus an der Papilla duodeni major in den Zwölffingerdarm. Sie besteht überwiegend aus Wasser, Cholesterin, Phospholipiden, Gallensäuren bzw. deren Gallensalze und Gallenfarbstoffen (z. B. Bilirubin) und dient als Emulgator für die mit der Nahrung aufgenommenen Lipide zur Fettverdauung. Das in der Galle enthaltene Cholesterin ist nicht wasserlöslich und muss von ausreichend Gallensäuren und Phospholipiden emulgiert sein. Das Verhältnis Gallensäuren/Phospholipide/Cholesterin beträgt unter normalen Bedingungen etwa 70/25/5.
In Deutschland haben etwa 15 von 100 Frauen und 8 von 100 Männern Gallensteine (= Cholelithiasis), d. h. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Man unterscheidet zwei Gruppen von Gallensteinen:
- Cholesterin-Gallensteine
- Pigment- oder Bilirubin-Gallensteine
Kommt es zu einem Missverhältnis, bei dem entweder zu viel Cholesterin vorhanden ist oder zu wenig Gallensäuren produziert werden, kann es zur Bildung von sog. Cholesterin-Gallensteinen kommen, die in etwa 80 % der Fälle vorkommen. Folgende begünstigende Faktoren hat man als sog. 6F-Regel zusammengefasst:
- female: Frauen häufiger als Männer betroffen
- forty: Menschen über 40 Jahre häufiger betroffen
- fertile: (mehrere) Schwangerschaften
- fat: Übergewichtigkeit und/oder hohe Cholesterin-Werte
- fair: Menschen mit helleren Haaren häufiger betroffen
- family: genetische Disposition
Bilirubin-Steine entstehen, wenn zu viel Bilirubin als Abbauprodukt von Hämoglobin anfällt, etwa bei einer chronischen Hämolyse (= Auflösung roter Blutkörperchen).
Nur etwa 25 % der Gallensteine werden symptomatisch und sollten dann behandelt werden. Entsprechend erfolgt die Diagnose meist nur bei Symptomen oder aber sie stellt einen Zufallsbefund dar. Die allgemeinen und unspezifischen Symptome reichen von Schmerzen im rechten Oberbauch, Völlegefühl nach fettreichen Mahlzeiten, Blähungen, Übelkeit und Erbrechen. Gefürchtete Komplikationen sind die akute Gallenkolik, Cholangitis und der chronische Gallenrückstau in die Leber.
Bei der Gallenkolik kommt es zu einem akuten Verschluss des Gallenblasengangs (= Ductus cysticus) oder des Hautgallengangs (= Ductus choledochus). Eine Kolik ist zusätzlich zu den vorhergenannten Symptomen durch krampfartige Schmerzen charakterisiert, bei der Spasmolytika wie z. B. Butylscopolamin eingesetzt werden.
Bei einer Cholangitis kommt es zu einer Entzündung in den Gallengängen.
Ein Gallenrückstau in die Leber führt zu einem sog. posthepatischen Ikterus, einer Erhöhung von Bilirubin im Blut, bei der die Ursache hinter der Leber – also in den Gallengängen- liegt. Beide Komplikationen erfordern gegebenenfalls eine ERCP (endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie) oder chirurgische Intervention zur Entfernung des Verschluss-auslösenden Gallensteins.
Für die Diagnostik stehen neben der Anamnese verschiedene bildgebende Verfahren wie Sonographie (= Ultraschalldiagnostik), Röntgen-Kontrastmitteluntersuchung, MRT (= Magnetresonanztomographie) oder die o. g. ERCP zur Verfügung. Zunächst wird als nicht belastende Methode eine Sonographie durchgeführt. Röntgenbild und Magnetresonanz können zwar näheren Aufschluss über die Art des Steins geben, dennoch sollte die Strahlenbelastung in einem adäquaten Nutzen-Risiko-Verhältnis stehen. Sichtbare Schatten im Röntgenbild sprechen für kalzifizierte Steine, die einer medikamentösen Therapie nicht zugänglich sind.
Eine medikamentöse Therapie mit Ursodesoxycholsäure (= UDCA) zur Litholyse (= Steinauflösung) ist nur bei nicht-kalzifizierten Cholesterin-Gallensteinen in der Gallenblase möglich. Bei Cholesterin-Steinen in den Gallengängen ist diese medikamentöse Therapie nicht indiziert. UDCA bewirkt eine Verminderung der Cholesterin-Sättigung in der Galle sowohl durch eine Senkung der Cholesterin-Resorption im Darm als auch durch eine Senkung der Cholesterin-Sekretion in die Galle. Die Auflösung der Cholesterin-Steine erfolgt wahrscheinlich durch Dispersion und der Bildung von Flüssigkristallen. Die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie, bei der von außen Stoßwellen auf die Bauchdecke übertragen werden, kann Gallensteine zertrümmern. Jedoch muss dabei immer mit akuten Gallenkoliken gerechnet werden. Beide Verfahren sind mit einer über 50 %igen Rezidivrate verbunden. Häufig wird ein symptomatisch gewordener Gallenstein im Rahmen einer ERCP entfernt. Ultima ratio ist die Entfernung der Gallenblase. Hierbei gibt es inzwischen Verfahren, bei denen kein Hautschnitt mehr erforderlich ist, sondern die Gallenblase mit Hilfe eines Endoskops durch den Magen entfernt wird (= NOTES = natural orificetransluminal endoscopic surgery).