Die Übelkeit (Nausea) bezeichnet ein Befindlichkeitsgefühl des Körpers, das mit Brechreiz einhergeht. Das sich daran u. U. anschließende Erbrechen (Emesis) wird über einen Fremdreflex vom Brechzentrum in der Area postrema der Medulla oblongata gesteuert. Es kommt zu einer umgekehrten Entleerung von Magen- und eventuell sogar Darminhalt (Regurgitation). Da es sich jeweils um Symptome handelt, kommen eine Vielzahl von Ursachen in Betracht. Zunächst sollte man an Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts denken, wie z. B. Lebensmittelvergiftungen, bakterielle Infektionen (z. B. Helicobacter pylori) oder Hyperacidität. Aber auch an ernstere Erkrankungen wie Ulzera in Magen und Zwölffingerdarm oder an ein Magenkarzinom muss bei länger fortbestehenden Symptomen gedacht werden. Weitere Organerkrankungen, die mit Übelkeit und Erbrechen einhergehen können, betreffen das ZNS (insbesondere Migräne, aber auch z. B. Tumore, Glaukom oder Meningitis) oder das Ohr (z. B. Reisekrankheit oder Morbus Meniere). Daneben muss gegebenenfalls auch an eine Schwangerschaft gedacht werden. Neben der Lebensmittelvergiftung kann es aber auch zu Vergiftungen durch unbewusst aufgenommene Stoffe (z. B. über die Haut oder Luft) gekommen sein. Auch viele Arzneistoffe führen als unerwünschte Wirkung zu Übelkeit und Erbrechen. Hier sind besonders Zytostatika, NSAR und Antibiotika hervorzuheben. Zuletzt sei auch die Strahlenkrankheit bzw. die Strahlentherapie als mögliche Ursache erwähnt.
Für eine weiterführende Diagnostik muss der Patient nach weiteren Begleitsymptomen befragt werden. Eine Diarrhoe deutet auf eine Gastroenteritis hin. Kopfschmerzen können wie Übelkeit und Erbrechen ein Ausdruck von gesteigertem Hirndruck sein. Eine Amenorrhoe (das Ausbleiben der Regel) deutet auf eine Schwangerschaft, Bewußtseinsstörungen auf Intoxikationen oder Stoffwechselentgleisungen hin, usw. Auch der Zeitpunkt und die Häufigkeit des Erbrechens liefern Hinweise auf die mögliche Ursache. Morgendliches Erbrechen tritt häufig bei Schwangerschaft oder Alkoholismus auf, Erbrechen nach dem Essen eher bei Ulkusleiden oder Magenkarzinom. Ein Erbrechen ohne vorangehende Übelkeit deutet auf ZNS-Erkrankungen hin, da hier das Brechzentrum direkt gereizt werden kann. Auch das Aussehen des Erbrochenem sollte erfragt werden, um Bluterbrechen (Hämatemesis, Hinweis auf gastrointestinale Blutung) oder galliges Erbrechen schnell zu erfassen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Die Therapie richtet sich nach der auslösenden Ursache. Wenn möglich, soll eine kausale Therapie erfolgen. Erkennbare Auslöser wie Lebensmittel oder Arzneimittel müssen vermieden bzw. überdacht werden.
Symptomatisch steht eine Reihe von Arzneistoffen zur Verfügung, deren jeweilige Eignung von der Auslösung der Übelkeit bzw. des Erbrechens abhängig ist:
- Die als Prokinetika bezeichneten D2-Antagonisten Metoclopramid und Domperidon werden bei Übelkeit und Erbrechen unterschiedlichster Genese eingesetzt. Dabei hat Metoclopramid das breitere Indikationsgebiet und wird auch zur Prophylaxe verwendet. Bei Migräne kann es in Kombination mit oralen Schmerzmitteln appliziert werden, um die Resorption des Schmerzmittels zu fördern und ein schnelleres Ansprechen zu ermöglichen.
- Eine Strahlentherapie oder Zytostatika schädigen die enterochromaffinen Zellen des Darms. Daraufhin wird Serotonin frei, das über die Stimulation von 5-HT3-Rezeptoren über zwischengeschaltete Neurone das Brechzentrum aktiviert. Diese Form des Erbrechens lässt sich besonders gut mit 5-HT3-Rezeptorantagonisten (z. B. Ondansetron) therapieren; zusätzlich (jedoch nicht allein!) können H1-Antihistaminika und Dopaminantagonisten verabreicht werden. Bei hochemetogenen Therapien müssen in jedem Fall zu den 5-HT3-Rezeptorantagonisten Glucocorticoide wie Dexamethason gegeben werden. Eine zusätzliche Therapieoption stellt die relative neue Klasse der Neurokinin-1-Rezeptorantagonisten (z. B. Aprepitant) dar.
- Beim sog. „antizipatorischem“ Erbrechen, bei dem es zu Erbrechen aufgrund der zu erwartenden, bereits bekannten Strahlen- oder Chemotherapie kommt, kann die anxiolytische und sedierende Wirkung von Benzodiazepinen wie z. B. Lorazepam ausgenutzt werden.
- Klassische Neuroleptika wie Haloperidol oder das niederpotente Levomepromazin kommen heute nur noch selten bei Strahlen- oder Chemotherapie zum Einsatz.
- Kinetosen (Bewegungskrankheiten) werden durch passive Gleichgewichtsänderungen ausgelöst, vor allem dann, wenn sich dem Auge keine Fixpunkte anbieten (z. B. bei der Seekrankheit). Hier leitet der Vestibularapparat die Erregung an das Brechzentrum weiter. Beteiligt sind Muscarin- und Histaminrezeptoren, so dass sich Dimenhydrinat besonders zur Therapie von Kinetosen eignet. Dopaminantagonisten wie Metoclopramid sind hier kaum zur Therapie geeignet.
- Manche Pharmaka sowie toxische Substanzen können Chemorezeptoren reizen, die sich im oberen Gastrointestinaltrakt und auch in der Chemorezeptor-Triggerzone des Hirns befinden, einem Gebiet mit einer besonders durchlässigen Blut-Hirn-Schranke. Durch eine Auslösung des Brechreflexes soll einer weiteren Resorption des "Giftes" entgegengewirkt werden. Neben H1-Antihistaminika haben sich hier vor allem Dopaminrezeptorantagonisten zur Therapie bewährt.