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          < Flumazenil >

Flumazenil

  

Wirkmechanismus

Kompetitiver Benzodiazepin-Rezeptor-Antagonist an der α-Untereinheit des GABAA-Rezeptors zur Normalisierung des Chlorideinstroms in die Nervenzelle

Anwendung

Behandlung von Benzodiazepin-Überdosierungen

Eine Überdosierung von Benzodiazepinen kann im Rahmen einer Therapie mit langwirksamen Arzneistoffen dieser Gruppe wie z. B. Diazepam und/oder im Rahmen einer verminderten Metabolisierung und Ausscheidung von diesen Arzneistoffen auftreten. Als Notfallsituation kommt jedoch auch eine akute Überdosierung im Rahmen eines in der Regel bewusst herbeigeführten Suizidversuchs in Frage.

Aus pharmakologischer Sicht kann mit Benzodiazepinen allein kein erfolgreicher Suizid begangen werden. Sie wirken nur in Anwesenheit von GABA und als allosterische Agonisten an der α-Untereinheit des GABAA-Rezeptor verstärken sie die Wirkung von GABA. Das bedeutet aber auch, dass deren maximale Wirkung nur der maximalen Wirkung von GABA entsprechen kann und somit eine letale Atemdepression nicht erreicht wird. Ganz anders sieht es aus, wenn Benzodiazepine mit anderen GABA-Agonisten kombiniert werden, die sich in ihrer Wirksamkeit addieren, so etwa mit Alkohol (über die γ-Untereinheit) oder Barbituraten (über die β-Untereinheit vom GABAA-Rezeptor). Bei diesen Kombinationen kann es zu einer schweren und u. U. tödlich verlaufenden Atemdepression kommen.

Eine Überdosierung von Benzodiazepinen, Z-Substanzen wie z. B. Zolpidem oder Barbituraten führt je nach Ausmaß zu mehr oder weniger deutlichen Bewusstseinsstörungen. Übelkeit und Erbrechen können typische Begleitsymptome sein. Kommt dabei eine Hypo- bzw. Areflexie hinzu, besteht Erstickungsgefahr. Eine Atemdepression kann mit einer Hypoxie (= Mangelversorgung mit Sauerstoff) einhergehen. Wie bereits oben erwähnt, ist mit Benzodiazepinen oder Z-Substanzen allein keine letale Atemdepression möglich, mit Barbituraten hingegen schon.

Die Diagnostik kann sich schwierig gestalten, besonders wenn der Patient bewusstlos ist. Intensivmedizinische Maßnahmen werden sofort eingeleitet. Eine Anamnese oder Fremdanamnese kann hilfreich sein (z. B. hat man Tabletten/Tablettenschachteln gefunden?). Eine Hypoxie erkennt man am verminderten arteriellen pO2-Wert im Blut. Bei einer Vergiftung mit Schlafmitteln findet man in einem eventuell durchgeführten EEG eine typische Dominanz von alpha- (8-13 Hz) und beta-Wellen (14-30 Hz) bei wenig Delta-Wellen.

Die Therapie zielt auf die Sicherung der Vitalparameter ab. Eine Beatmung kann notwendig werden. Bei bewussten Patienten kann Aktivkohle die Resorption von Schlafmitteln mindern, Auch eine Magenspülung kann in Betracht gezogen werden. Für eine Überdosierung mit Benzodiazepinen steht der spezifische kompetitive Hemmer am GABAA-Rezeptor Flumazenil zur Verfügung. Flumazenil wirkt auch bei einer Überdosierung mit Z-Substanzen, weil sie ebenfalls an der α-Untereinheit angreifen. Bei Barbituraten, die über die β-Untereinheit des GABAA-Rezeptors wirken, hilft Flumazenil nicht. Das Antidot wirkt als selektiver kompetitiver Hemmer sehr schnell. Die Initialdosis beträgt 0,3 mg i.v. Sollte sich innerhalb von 60 Sekunden kein Effekt (Zurückerlangen des Bewusstseins) einstellen, kann die intoxikierte Schlafmittel-Dosis zu hoch sein und es werden in Abständen von 60 Sekunden jeweils weitere 0,1 mg injiziert, bis sich ein Effekt einstellt oder 2,0 mg Flumazenil Gesamtdosis erreicht sind. Bei weiterhin ausbleibendem Effekt muss -wie schon zu Beginn- an eine andere Intoxikation wie z. B. durch Opiate oder auch an Misch-Intoxikationen gedacht werden. Da Flumazenil eine sehr kurze Halbwertszeit hat, kann es sein, dass die Wirkung des Benzodiazepins erneut einsetzt, weil die α-Untereinheit der GABAA-Rezeptor wieder frei wird. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, eine Infusion von 0,1-0,4 mg/h Flumazenil anzusetzen. Der Patient ist in jedem Falle mindestens 24 h intensivmedizinisch zu überwachen.

Bei schweren Misch-Intoxikationen wie z. B. einer Kombination aus Benzodiazepinen und tricyclischen Antidepressiva, für die es kein Antidot gibt, muss bei der Gabe des Antidots Flumazenil beachtet werden, dass die Aufhebung der Benzodiazepin-Wirkung dazu führen kann, dass sich auch die durch Benzodiazepine abgeschwächten toxischen Wirkungen der Antidepressiva hinsichtlich Herz (z. B. Rhythmusstörungen) und ZNS (z. B. Krampfanfälle) verstärken können.

Aufhebung der durch Benzodiazepine herbeigeführten Sedierung

  • Flumazenil wird zur Beendigung der durch Benzodiazepine eingeleiteten und aufrechterhaltenen Narkose bei stationären Patienten eingesetzt.
  • Flumazenil wird zur Aufhebung der durch Benzodiazepine herbeigeführten Sedierung im Rahmen kurzer diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen (z. B. Gastroskopie) bei ambulanten und stationären Patienten eingesetzt.
  • Flumazenil wird zur Aufhebung der durch Benzodiazepine herbeigeführten Sedierung bei Kindern älter als ein Jahr eingesetzt.

Flumazenil ist ein selektiver kompetitiver Benzodiazepin-Antagonist an der α-Untereinheit des GABAA-Rezeptors. Er hebt die schlaffördernden sedativen Wirkungen von Benzodiazepinen rasch auf. In der Anästhesie werden initial 0,2 mg Flumazenil i.v. verabreicht. Wird das Bewusstsein nicht innerhalb von 60 Sekunden wiedererlangt, werden bis zu einer Gesamtdosis von 2 mg alle 60 Sekunden weitere 0,1 mg Flumazenil injiziert, bis das Bewusstsein wiedererlangt wird. Bei Kindern beträgt die initiale Dosis 0,01 mg /kg KG (bis max. 0,2 mg insgesamt), die im Abstand von 60 Sekunden gegebenenfalls bis zu einer Gesamtdosis von 1 mg Flumazenil wiederholt wird. Bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion muss die Dosis reduziert werden, da Flumazenil primär in der Leber metabolisiert wird.

Patienten, die Flumazenil zur Aufhebung der Benzodiazepin-Wirkung erhalten, müssen über einen angemessenen Zeitraum weiter überwacht werden. Dieser Zeitraum orientiert sich an der Dosis und der Wirkdauer des vorher gegebenen Benzodiazepins, da wegen der kurzen Halbwertszeit von Flumazenil der Benzodiazepin-Rezeptor an der α-Untereinheit des GABAA-Rezeptors erneut vom Benzodiazepin besetzt werden kann und eine erneute Sedierung, Atemdepression oder andere Benzodiazepin-Wirkung auftreten könnten.

Bei Patienten, die über lange Zeit mit hohen Dosen von Benzodiazepinen behandelt wurden, kann es zu Entzugserscheinungen wie Herzklopfen, Angst, Agitiertheit, Unruhe oder emotionaler Labilität kommen. Hier sollten die Vorteile der Behandlung mit Flumazenil sorgfältig mit den Risiken von Entzugserscheinungen abgewogen werden. Bei schweren Entzugserscheinungen empfiehlt sich eine langsame Titration mit Diazepam oder Midazolam i.v. bis zum Verschwinden der Symptome.

Bei bekannt ängstlichen Patienten sollte die Dosis von Flumazenil vorsichtig angepasst werden, um schweren Angstzuständen nach dem Erwachen zu begegnen.

Bei Patienten mit schweren Hirnverletzungen (und/oder erhöhtem intrakraniellem Druck) kann durch die Gabe von Flumazenil der intrakranielle Druck wieder ansteigen.

Nach schweren Operationen kann es wegen der postoperativen Schmerzen sinnvoll sein, den Patienten leicht sediert zu lassen.

Dosierung

Bei Benzodiazepin-Überdosierung:
Initial 0,3 mg i.v. innerhalb von 15 Sekunden
Danach alle 60 Sek. 0,1 mg i.v. bis zur Erlangung des Bewusstseins

Zur Aufhebung der Sedierung bei diagnostischen/therapeutischen Eingriffen:
Erwachsene:
Initial 0,2 mg i.v. innerhalb von 15 Sekunden
Danach alle 60 Sek. 0,1 mg i.v. bis zur Erlangung des Bewusstseins

Kinder > 1 Jahr:
Initial 0,01 mg/kg KG (bis zu 0,2 mg)  i.v. innerhalb von 15 Sekunden
Danach alle 60 Sek. 0,01 mg/kg KG (bis zu 0,2 mg)  i.v. bis zur Erlangung des Bewusstseins

Patientenhinweis

Nach intravenöser Gabe von Flumazenil dürfen vom Patienten keine Tätigkeiten ausgeübt werden, die volle geistige Aufmerksamkeit erfordern, so etwa das Bedienen von gefährlichen Maschinen und Autos. Nach ambulanten diagnostischen und/oder therapeutischen Eingriffen muss eine Begleitung nach Hause sichergestellt sein. Flumazenil kann Entzugserscheinungen wie Angst, Agitiertheit und emotionale Labilität auslösen, wenn zuvor Benzodiazepine über einen längeren Zeitraum und/oder hohe Dosen von Benzodiazepinen eingenommen wurden.

Nebenwirkungen

  Entzugserscheinungen, z. B. Schlafstörungen, Angst, Stimmungslabilität

Bei Patienten, die über einen längeren Zeitraum Benzodiazepine oder hohe Dosierungen von Benzodiazepinen erhalten haben, oder bei einer bestehenden Benzodiazepin-Abhängigkeit kann die Anwendung von Flumazenil zu Entzugserscheinungen führen. Die Häufigkeit von Entzugserscheinungen ist nicht bekannt. Zu diesen Entzugserscheinungen gehören Schlafstörungen, Angst, Stimmungslabilität, Herzklopfen, Zittern, Agitation, Schwitzen, Verwirrtheit und sensorische Empfindungsstörungen. Auch Panikattacken -besonders bei Patienten mit panischen Reaktionen in der Vorgeschichte- und aggressives Verhalten werden beobachtet.

Schwere Entzugserscheinungen sind Psychosen bis hin zum Entzugsdelir und u.U. lebensbedrohliche Krampfanfälle. Gegebenenfalls muss den Entzugssymptomen durch eine intravenöse Gabe von Diazepam oder Midazolam entgegengewirkt werden.

  Angst

Gelegentlich kommt es nach rascher Injektion von Flumazenil beim Patienten zu Angstgefühlen oder einem Gefühl der Bedrohung. Durch Verdrängen des vorab gegebenen Benzodiazepins vom GABAA-Rezeptor verschwindet dessen sedierende und angstlösende Wirkung. Hinzu kommt die jeweilige Situation und ungewohnte Umgebung des Patienten, die nach einer OP oder im Rahmen eines Notfalls sicherlich angstmachend und bedrohlich sein kann.

  Krampfanfälle

Gelegentlich kann es unter der Behandlung mit Flumazenil zu Krampfanfällen kommen. Durch Verdrängen des vorab gegebenen Benzodiazepins vom GABAA-Rezeptor fällt auch die Erhöhung der Krampfschwelle durch Benzodiazepine weg, d. h. die Krampfschwelle sinkt. Besonders gefährdet sind Patienten mit einer bestehenden Epilepsie, schweren Leberfunktionsstörungen, nach Langzeitbehandlung mit Benzodiazepinen oder Patienten mit Mischintoxikationen, bei denen der durch Flumazenil bedingte Wegfall der krampfhemmenden Wirkung die toxischen Effekte von anderen überdosierten Arzneistoffen wie z. B. Krampfneigung erhöht.

  Hirndrucksteigerung

Patienten mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma und/oder bei intrakraniellen Drucksteigerungen werden Benzodiazepine nicht nur zur Sedierung und Narkose gegeben, sondern auch zur Senkung des erhöhten intrakraniellen Drucks, um eine Einklemmung des Hirnstamms mit dem Atemzentrum zu verhindern. Eine Anwendung von Flumazenil in solchen Situationen kann nicht nur die gewünschte Sedierung und Narkose des Patienten beenden, sondern auch den durch Benzodiazepine gesenkten Hirndruck wieder mit der Gefahr einer tödlichen Atemlähmung steigern.

  Herzklopfen

Gelegentlich kann es insbesondere nach rascher Injektion von Flumazenil zu Herzklopfen kommen. Herzklopfen kann auch ein mildes Symptom einer Entzugserscheinung von Benzodiazepinen sein. Eine Behandlung dieses vorübergehenden Symptoms ist gewöhnlich nicht notwendig.

  Blutdruck-, Herzfrequenz-Schwankungen

Gelegentlich kann es -besonders in der Aufwachphase- zu Blutdruckerhöhungen kommen. Im weiteren Verlauf werden Blutdruckschwankungen mit begleitenden Änderungen der Herzfrequenz beobachtet.

  Übelkeit, Erbrechen

Sehr häufig kommt es bei der Anwendung von Flumazenil zu Übelkeit und Erbrechen. Insbesondere treten diese Symptome bei der postoperativen Anwendung von Flumazenil auf. Auch nach kombinierter Gabe von Benzodiazepinen und Opioiden -etwa zur Narkose- kommt es bei der Anwendung von Flumazenil häufiger zu Übelkeit und Erbrechen.

  Hautausschlag, Hyperhidrosis

Sofern keine weitergehenden Symptome hinzukommen, die auf eine anaphylaktische Reaktion hindeuten, sind diese Nebenwirkungen harmlos.

  Überempfindlichkeitsreaktionen

Überempfindlichkeitsreaktionen bis hin zur Anaphylaxie mit Kreislaufzusammenbruch und Bronchokonstriktion sind unter der Anwendung von Flumazenil beobachtet worden. Eine anaphylaktische Reaktion bedarf des sofortigen Absetzens von Flumazenil und der Einleitung von lebensrettenden Gegenmaßnahmen zur Kreislaufstabilisierung (Volumengabe, Adrenalin, etc.)

Eine erneute Anwendung von Flumazenil nach einer anaphylaktischen Reaktion ist bei dem jeweiligen Patienten kontraindiziert.

Kontraindikationen

Mischintoxikationen, besonders mit tri- oder tetrazyklischen Antidepressiva

Die Behandlung einer Benzodiazepin-Überdosierung darf bei Mischintoxikationen nur unter besonderer Vorsicht erfolgen. Flumazenil beseitigt zwar schwere Nebenwirkungen der Benzodiazepine wie z. B. eine Atemdepression.
Jedoch können Benzodiazepine auch schwere Nebenwirkungen durch andere gleichzeitig verabreichte Arzneistoffe im Rahmen eines Suizidversuchs abschwächen. Insbesondere bei einer gleichzeitig bestehenden Intoxikation mit tri- oder tetrazyklischen Antidepressiva wie z. B. Amitriptylin können Benzodiazepine die toxischen Effekte durch Antidepressiva wie z. B. Krampfanfälle und Herzrhythmusstörungen abschwächen. Eine Gabe von Flumazenil in solchen Situationen könnte diese toxischen Effekte verstärken und den betroffenen Patienten akut gefährden, weil es gegen eine Überdosierung mit tri- oder tetrazyklischen Antidepressiva kein Antidot gibt.

Kinder unter 1 Jahr

Zur Anwendung von Flumazenil bei Kindern unter einem Jahr existieren keine ausreichenden klinischen Daten. Die Behandlung ist kontraindiziert, sofern der Nutzen einer Behandlung die Risiken nicht eindeutig überwiegt, so etwa bei einer fälschlich verabreichten Überdosis von Benzodiazepinen.

Schwangerschaft und Stillzeit

Zur Anwendung von Flumazenil bei Schwangeren existieren keine klinischen Daten. In den tierexperimentellen Studien wurden jedoch keine Hinweise auf Embryotoxizität und Teratogenität gefunden. In Notfallsituationen steht daher der mögliche Nutzen von Flumazenil im Vordergrund.

Es ist nicht bekannt, ob Flumazenil in die Muttermilch übergeht. Daher darf bei Anwendung von Flumazenil für 24 Stunden nicht gestillt werden. In Notfallsituationen darf bei stillenden Müttern Flumazenil angewendet werden.

Wechselwirkungen

  Benzodiazepine

Flumazenil hebt als kompetitiver Benzodiazepin-Rezeptor-Antagonist die Wirkung von Benzodiazepinen an der α-Untereinheit des GABAA-Rezeptors auf. Wegen der kurzen Halbwertszeit von 40-80 Minuten kann die Wirkung von Flumazenil sehr schnell nachlassen und die in der Regel deutlich länger wirksamen, vor Flumazenil verabreichten Benzodiazepine können erneut freiwerdende Bindungsstellen an der α-Untereinheit des GABAA-Rezeptors besetzen und die Wirkung von Flumazenil abschwächen. Andererseits können durch Flumazenil ausgelöste Entzugssymptome wie schwere Panikattacken oder Krampfanfälle durch erneute Gabe von Benzodiazepinen wie z. B. Midazolam oder Diazepam i.v. behandelt werden.
Die deutlich unterschiedlichen Pharmakokinetiken von Flumazenil und Benzodiazepinen müssen bei Dosis und den Dosierungsintervallen von Flumazenil berücksichtigt werden. Ebenfalls ergeben sich daraus Konsequenzen bezüglich des Zeitraums, wie lange Patienten im Anschluss an eine Sedierung mit Benzodiazepinen und deren Aufhebung durch Flumazenil hinsichtlich erneuter Sedierung und Atemdepression überwacht werden müssen oder dass Patienten im Anschluss an diagnostische Eingriffen von einer Aufsichtsperson begleitet werden müssen.

Trotz der gewünschten Wirkung von Flumazenil als Benzodiazepin-Rezeptor-Antagonist gibt es patientenindividuelle Situationen, in denen die Wirkung von Flumazenil zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann:
  • Die Anwendung von Flumazenil bei Patienten mit Epilepsie, die über einen längeren Zeitraum mit Benzodiazepinen zur Erhöhung der Krampfschwelle behandelt wurden, wird nicht empfohlen. Es besteht dabei ein deutlich erhöhtes Risiko für einen Krampfanfall.
  • Die Anwendung von Flumazenil bei Patienten mit schweren Angstzuständen und Selbstmordneigung, die deshalb mit Benzodiazepinen behandelt werden, wird nicht empfohlen, weil die Gefahr eines Suizidversuchs deutlich ansteigt.
  • Die Anwendung von Flumazenil bei Patienten, die Benzodiazepine außer zu einer Sedierung auch zur Senkung des intrakraniell erhöhten Drucks bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma erhalten, wird nicht empfohlen, weil es zu einer übermäßigen Erhöhung des Hirndrucks mit der Gefahr der Einklemmung des Hirnstammes und daraus folgender Atemlähmung kommen kann.
  • Die Anwendung von Flumazenil zur Aufhebung der Benzodiazepin-Wirkung bei Patienten, die im Rahmen einer Operation Benzodiazepine und Opioide erhalten haben, bereits bewusstseinsklar, aber noch immer unter einem atemdepressiven Effekt stehen, ist kontraindiziert. Eine Atemdepression machen sowohl Benzodiazepine als auch Opioide. Bei bestehender Bewusstseinsklarheit kann der noch vorhandene atemdepressive Effekt nicht von den verabreichten Benzodiazepinen herrühren und muss daher von den Opioiden verursacht sein. Gegebenenfalls muss hier eine Anwendung eines Opioid-Antagonisten wie z. B. Naloxon erfolgen.
  • Die Anwendung von Flumazenil bei Patienten, die im Rahmen eines diagnostischen oder kurzen operativen Eingriffs ein niedrig dosiertes, kurz wirkendes Benzodiazepin wie z. B. Midazolam erhalten haben ist, kontraindiziert. Die Wirkung des entsprechenden Benzodiazepins lässt auch ohne Anwendung von Flumazenil rasch nach.


Benzodiazepine anzeigen

  Nicht-Benzodiazepin-Agonisten, z. B. Z-Substanzen

Obwohl als Indikation nicht angegeben, kann Flumazenil auch gegen Überdosierungen bzw. Intoxikationen mit Nicht-Benzodiazepin-Agonisten, z. B. Z-Substanzen wie Zolpidem, eingesetzt werden. Z-Substanzen binden im Gegensatz zu Benzodiazepinen nur an die α1-Untereinheit des GABAA-Rezeptors, weshalb sie auch nur als Schlafmittel eingesetzt werden.

Flumazenil hebt als kompetitiver Benzodiazepin-Rezeptor-Antagonist die Wirkung von Nicht-Benzodiazepinen-Agonisten an der α1-Untereinheit des GABAA-Rezeptors auf. Wegen der kurzen Halbwertszeit von 40-80 Minuten kann die Wirkung von Flumazenil sehr schnell nachlassen und die in der Regel länger wirksamen, vor Flumazenil verabreichten Nicht-Benzodiazepin-Agonisten können erneut freiwerdende Bindungsstellen an der α1-Untereinheit des GABAA-Rezeptors besetzen und die Wirkung von Flumazenil abschwächen. Andererseits können durch Flumazenil ausgelöste Entzugssymptome wie schwere Panikattacken oder Krampfanfälle durch erneute Gabe von Benzodiazepinen wie z. B. Midazolam oder Diazepam i.v. behandelt werden.
Die deutlich unterschiedlichen Pharmakokinetiken von Flumazenil und Nicht-Benzodiazepin-Agonisten müssen bei Dosis und den Dosierungsintervallen von Flumazenil berücksichtigt werden. Ebenfalls ergeben sich daraus Konsequenzen bezüglich des Zeitraums, wie lange Patienten im Anschluss an eine Sedierung mit Nicht-Benzodiazepin-Agonisten und deren Aufhebung durch Flumazenil hinsichtlich erneuter Sedierung und Atemdepression überwacht werden müssen oder dass Patienten im Anschluss an diagnostische Eingriffen von einer Aufsichtsperson begleitet werden müssen.

Nicht-Benzodiazepin-Agonisten, z. B. Z-Substanzen anzeigen

Strukturformel

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Wirkmechanismus

Flumazenil bindet selektiv und reversibel an den sog. Benzodiazepin-Rezeptor, der sich an der α-Untereinheit des GABAA-Rezeptors (GABA = Gamma-Aminobuttersäure) befindet. Als kompetitiver Benzodiazepin-Rezeptor-Antagonist verdrängt er zuvor verabreichte Benzodiazepine von ihrem Rezeptor. Die durch Benzodiazepine verstärkte GABA-Wirkung infolge Erhöhung der Offenwahrscheinlichkeit des zugehörigen Chloridkanals wird aufgehoben. Dadurch steigt das Membranpotential der zuvor hyperpolariserten Nervenzelle auf normal negative Werte an.

Nach intravenöser Applikation von Flumazenil werden die schlaffördernd sedativen Wirkungen von therapeutischen Benzodiazepin-Dosierungen rasch (innerhalb 30-60 Sekunden) rückgängig gemacht. Bei Überdosierungen bzw. Intoxikationen müssen gegebenenfalls mehrere Applikationen von Flumazenil in Intervallen erfolgen. Die Verstoffwechslung von Flumazenil erfolgt in der Leber zu unwirksamen Metaboliten, die fast vollständig über die Niere ausgeschieden werden. Die Halbwertszeit von Flumazenil beträgt nur 40-80 Minuten. Daher muss immer daran gedacht werden, dass die Wirkung von Benzodiazepinen, die alle eine -zum Teil deutlich- längere Halbwertszeit als Flumazenil haben, in den folgenden Stunden wieder auftreten kann, weil sie den Benzodiazepin-Rezeptor erneut besetzen. Daraus ergeben sich Konsequenzen bezüglich des Zeitraums, wie lange Patienten im Anschluss hinsichtlich erneuter Sedierung und Atemdepression überwacht werden müssen oder dass Patienten im Anschluss an diagnostische Eingriffe von einer Aufsichtsperson begleitet werden müssen.

Obwohl als Indikation nicht angegeben, kann Flumazenil auch gegen Überdosierungen bzw. Intoxikationen mit Z-Substanzen wie z. B. Zolpidem eingesetzt werden. Z-Substanzen binden im Gegensatz zu Benzodiazepinen nur an die α1-Untereinheit des GABAA-Rezeptors, weshalb sie auch nur als Schlafmittel eingesetzt werden.

Flumazenil ist kein Antidot von Barbituraten, die wie GABA selbst an die der β-Untereinheit des GABAA-Rezeptors binden.
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Patientenhinweis

Nach intravenöser Gabe von Flumazenil sind Patienten in der Regel wach und bei vollem Bewusstsein. Die Kombination von Bewusstseinsklarheit ohne Einschränkungen führt oft dazu, dass die Patienten -auch nach Meinung von Angehörigen- sich in der Lage sehen, selbständig nach Hause fahren zu können oder anschließend arbeiten zu gehen. Wegen der kurzen Halbwertszeit von Flumazenil muss immer damit gerechnet werden, dass die Wirkung des zuvor verabreichten Benzodiazepins nach einigen Stunden wieder einsetzt, weil sie den Benzodiazepin-Rezeptor erneut besetzen. Es kann dann zu erneuter Sedierung und Atemdepression kommen. Bei ambulanten diagnostischen und/oder therapeutischen Eingriffen muss daher vom medizinischen Personal sichergestellt sein, dass der Patient nur unter Aufsicht die Ambulanz verlässt und darüber informiert ist, für 24 Stunden das Bedienen von gefährlichen Maschinen sowie Autofahren zu unterlassen.

Die intravenöse Gabe von Flumazenil kann Entzugserscheinungen wie Herzklopfen, Agitiertheit, Angst, emotionale Labilität, Verwirrtheit und sensorische Empfindungsstörungen auslösen. Die Gefahr von Entzugserscheinungen ist umso größer, je höher die zuvor verabreichten Dosierungen von Benzodiazepinen und/oder je länger der Zeitraum der Benzodiazepin-Gabe war. Gegebenenfalls muss den Entzugssymptomen durch eine intravenöse Gabe von Diazepam oder Midazolam entgegengewirkt werden.
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Dosierung

Flumazenil sollte nur von einem Anaesthesisten oder einem erfahrenen Arzt verabreicht werden. Es kann in Verbindung mit anderen Maßnahmen zur Wiederbelebung eingesetzt werden. Bei einer Überdosierung oder Verdacht auf eine Überdosierung mit Benzodiazepinen werden initial 0,3 mg Flumazenil i.v. innerhalb von 15 Sekunden verabreicht. Die Wiedererlangung des Bewusstseins muss innerhalb von Sekunden einsetzen. Falls nicht -die zuvor verabreichte Dosis an Benzodiazepinen ist in der Regel nicht genau bekannt-, werden nach 60 Sekunden weitere 0,1 mg Flumazenil i.v. appliziert. Dieser Vorgang kann bis zu einer Gesamtdosis von 2 mg Flumazenil wiederholt werden. Dauert der bewusstlose Zustand des Patienten an, muss immer auch an eine andere Intoxikation und/oder Mischintoxikation gedacht werden, weil Flumazenil nur den sedierenden Effekt von Benzodiazepinen (und Z-Substanzen wie z. B. Zopiclon) aufhebt. Falls nach Wiedererlangung des Bewusstseins wegen der kurzen Halbwertszeit von Flumazenil nach einigen Stunden erneut eine Sedierung auftritt, kann wieder eine Bolusinjektion von 0,3 mg verabreicht werden. Alternativ dazu kann aber auch eine i.v.-Infusion von 0,1-0,4 mg Flumazenil pro Stunde sinnvoll sein.

Bei diagnostischen oder therapeutischen Eingriffen in der Anaesthesiologie werden erwachsenen Patienten zur Aufhebung der durch Benzodiazepine erreichten Sedierung 0,2 mg Flumazenil i.v. innerhalb von 15 Sekunden gegeben. Falls der Patient das Bewusstsein innerhalb von 60 Sekunden nicht wiedererlangt, kann eine weitere Dosis von 0,1 mg Flumazenil i.v. verabreicht werden. Dieser Vorgang kann bis zu einer Gesamtdosis von 1 mg Flumazenil wiederholt werden, solange der Patient bewusstlos bleibt. Die übliche Gesamtdosis von benötigtem Flumazenil nach einer Sedierung liegt zwischen 0,3 bis 0,6 mg, sie variiert aber je nach Dosis und Wirkdauer des zuvor verabreichten Benzodiazepins sowie nach den individuellen Gegebenheiten des Patienten.
Bei Kindern, die älter als 1 Jahr sind, werden zur Aufhebung der durch Benzodiazepine erreichten Sedierung 0,01 mg/kg KG innerhalb von 15 Sekunden langsam verabreicht. Diese Dosis darf 0,2 mg, was der Erwachsenen-Dosis entspricht, nicht überschreiten. Falls der Patient das Bewusstsein innerhalb von 60 Sekunden nicht wiedererlangt, kann eine weitere Dosis von 0,01 mg/kg KG Flumazenil i.v. verabreicht werden. Dieser Vorgang kann bis zu einer Gesamtdosis von 0,05 mg/kg KG oder 1 mg Flumazenil wiederholt werden, solange der Patient bewusstlos bleibt.

Die Verstoffwechslung von Flumazenil erfolgt in der Leber zu unwirksamen Metaboliten, die fast vollständig über die Niere ausgeschieden werden. Die Halbwertszeit von Flumazenil beträgt nur 40-80 Minuten. Wegen der kurzen Halbwertszeit von Flumazenil muss immer damit gerechnet werden, dass die Wirkung des zuvor verabreichten Benzodiazepins nach einigen Stunden wieder einsetzt, weil es den Benzodiazepin-Rezeptor erneut besetzen. Daraus ergeben sich Konsequenzen bezüglich des Zeitraums, wie lange Patienten im Anschluss hinsichtlich erneuter Sedierung und Atemdepression überwacht werden müssen oder dass Patienten im Anschluss an diagnostische Eingriffe von einer Aufsichtsperson begleitet werden müssen.

Bei Patienten mit einer eingeschränkten Leberfunktion sollte eine Behandlung mit Flumazenil mit geringeren Dosen begonnen und fortgesetzt werden, da die Elimination von Flumazenil verringert ist. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion ist keine Dosisanpassung notwendig. Die Anwendung von Flumazenil bei Patienten mit Epilepsie, die über längere Zeit Benzodiazepine erhalten haben, sollte vermieden werden. Obwohl Flumazenil einen leichten intrinsischen krampflösenden Effekt über den Benzodiazepin-Rezeptor hat, kann die Aufhebung des schützenden, krampflösenden Effekts der Benzodiazepine einen Krampfanfall auslösen.

Eine rasche Injektion von Flumazenil sollte vermieden werden. Bei Patienten, die zuvor über längere Zeit und/oder hohe Dosen Benzodiazepine erhalten haben, kann eine rasche Injektion und/oder höhere Dosen als 1 mg Flumazenil zu mehr Entzugserscheinungen wie Angst, Agitiertheit, Herzrasen, emotionale Labilität, Verwirrtheit und Empfindungsstörungen führen. Solchen Entzugserscheinungen kann mit langsamer Injektion von Diazepam oder Midazolam i.v. entgegengewirkt werden. Zur Behandlung einer Benzodiazepin-Abhängigkeit oder zur Steuerung eines Benzodiazepin-Entzugs darf Flumazenil nicht eingesetzt werden.

Bei Verwendung von Flumazenil am Ende einer Operation muss sichergestellt sein, dass ein muskelrelaxierender Effekt von zuvor verabreichten Muskelrelaxantien komplett abgeklungen ist. Eine starke Beeinträchtigung der Atemmuskulatur durch Muskelrelaxantien ist einem Patienten bei vollem Bewusstsein nicht zuzumuten. Nach größeren Operationen müssen die zu erwartenden starken postoperativen Schmerzen berücksichtigt werden. Eine etwas längere Sedierung kann daher von Vorteil sein. Gleiches gilt für Patienten mit Herzproblemen, weil postoperativer Stress und Schmerzen eine Belastung für das Herz darstellen.

Bei ängstlichen Patienten muss die Dosis vorsichtig angepasst werden, da höhere Dosen von Flumazenil Angst auslösen können. Bei Patienten mit schweren Hirnverletzungen und/oder erhöhtem intrakraniellem Druck kann die Aufhebung des Effekts von Benzodiazepinen nicht nur die Sedierung aufheben, sondern auch den intrakraniellen Druck weiter erhöhen.

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