Flumazenil sollte nur von einem Anaesthesisten oder einem erfahrenen Arzt verabreicht werden. Es kann in Verbindung mit anderen Maßnahmen zur Wiederbelebung eingesetzt werden. Bei einer Überdosierung oder Verdacht auf eine Überdosierung mit Benzodiazepinen werden initial 0,3 mg Flumazenil i.v. innerhalb von 15 Sekunden verabreicht. Die Wiedererlangung des Bewusstseins muss innerhalb von Sekunden einsetzen. Falls nicht -die zuvor verabreichte Dosis an Benzodiazepinen ist in der Regel nicht genau bekannt-, werden nach 60 Sekunden weitere 0,1 mg Flumazenil i.v. appliziert. Dieser Vorgang kann bis zu einer Gesamtdosis von 2 mg Flumazenil wiederholt werden. Dauert der bewusstlose Zustand des Patienten an, muss immer auch an eine andere Intoxikation und/oder Mischintoxikation gedacht werden, weil Flumazenil nur den sedierenden Effekt von Benzodiazepinen (und Z-Substanzen wie z. B. Zopiclon) aufhebt. Falls nach Wiedererlangung des Bewusstseins wegen der kurzen Halbwertszeit von Flumazenil nach einigen Stunden erneut eine Sedierung auftritt, kann wieder eine Bolusinjektion von 0,3 mg verabreicht werden. Alternativ dazu kann aber auch eine i.v.-Infusion von 0,1-0,4 mg Flumazenil pro Stunde sinnvoll sein.
Bei diagnostischen oder therapeutischen Eingriffen in der Anaesthesiologie werden erwachsenen Patienten zur Aufhebung der durch Benzodiazepine erreichten Sedierung 0,2 mg Flumazenil i.v. innerhalb von 15 Sekunden gegeben. Falls der Patient das Bewusstsein innerhalb von 60 Sekunden nicht wiedererlangt, kann eine weitere Dosis von 0,1 mg Flumazenil i.v. verabreicht werden. Dieser Vorgang kann bis zu einer Gesamtdosis von 1 mg Flumazenil wiederholt werden, solange der Patient bewusstlos bleibt. Die übliche Gesamtdosis von benötigtem Flumazenil nach einer Sedierung liegt zwischen 0,3 bis 0,6 mg, sie variiert aber je nach Dosis und Wirkdauer des zuvor verabreichten Benzodiazepins sowie nach den individuellen Gegebenheiten des Patienten.
Bei Kindern, die älter als 1 Jahr sind, werden zur Aufhebung der durch Benzodiazepine erreichten Sedierung 0,01 mg/kg KG innerhalb von 15 Sekunden langsam verabreicht. Diese Dosis darf 0,2 mg, was der Erwachsenen-Dosis entspricht, nicht überschreiten. Falls der Patient das Bewusstsein innerhalb von 60 Sekunden nicht wiedererlangt, kann eine weitere Dosis von 0,01 mg/kg KG Flumazenil i.v. verabreicht werden. Dieser Vorgang kann bis zu einer Gesamtdosis von 0,05 mg/kg KG oder 1 mg Flumazenil wiederholt werden, solange der Patient bewusstlos bleibt.
Die Verstoffwechslung von Flumazenil erfolgt in der Leber zu unwirksamen Metaboliten, die fast vollständig über die Niere ausgeschieden werden. Die Halbwertszeit von Flumazenil beträgt nur 40-80 Minuten. Wegen der kurzen Halbwertszeit von Flumazenil muss immer damit gerechnet werden, dass die Wirkung des zuvor verabreichten Benzodiazepins nach einigen Stunden wieder einsetzt, weil es den Benzodiazepin-Rezeptor erneut besetzen. Daraus ergeben sich Konsequenzen bezüglich des Zeitraums, wie lange Patienten im Anschluss hinsichtlich erneuter Sedierung und Atemdepression überwacht werden müssen oder dass Patienten im Anschluss an diagnostische Eingriffe von einer Aufsichtsperson begleitet werden müssen.
Bei Patienten mit einer eingeschränkten Leberfunktion sollte eine Behandlung mit Flumazenil mit geringeren Dosen begonnen und fortgesetzt werden, da die Elimination von Flumazenil verringert ist. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion ist keine Dosisanpassung notwendig. Die Anwendung von Flumazenil bei Patienten mit Epilepsie, die über längere Zeit Benzodiazepine erhalten haben, sollte vermieden werden. Obwohl Flumazenil einen leichten intrinsischen krampflösenden Effekt über den Benzodiazepin-Rezeptor hat, kann die Aufhebung des schützenden, krampflösenden Effekts der Benzodiazepine einen Krampfanfall auslösen.
Eine rasche Injektion von Flumazenil sollte vermieden werden. Bei Patienten, die zuvor über längere Zeit und/oder hohe Dosen Benzodiazepine erhalten haben, kann eine rasche Injektion und/oder höhere Dosen als 1 mg Flumazenil zu mehr Entzugserscheinungen wie Angst, Agitiertheit, Herzrasen, emotionale Labilität, Verwirrtheit und Empfindungsstörungen führen. Solchen Entzugserscheinungen kann mit langsamer Injektion von Diazepam oder Midazolam i.v. entgegengewirkt werden. Zur Behandlung einer Benzodiazepin-Abhängigkeit oder zur Steuerung eines Benzodiazepin-Entzugs darf Flumazenil nicht eingesetzt werden.
Bei Verwendung von Flumazenil am Ende einer Operation muss sichergestellt sein, dass ein muskelrelaxierender Effekt von zuvor verabreichten Muskelrelaxantien komplett abgeklungen ist. Eine starke Beeinträchtigung der Atemmuskulatur durch Muskelrelaxantien ist einem Patienten bei vollem Bewusstsein nicht zuzumuten. Nach größeren Operationen müssen die zu erwartenden starken postoperativen Schmerzen berücksichtigt werden. Eine etwas längere Sedierung kann daher von Vorteil sein. Gleiches gilt für Patienten mit Herzproblemen, weil postoperativer Stress und Schmerzen eine Belastung für das Herz darstellen.
Bei ängstlichen Patienten muss die Dosis vorsichtig angepasst werden, da höhere Dosen von Flumazenil Angst auslösen können. Bei Patienten mit schweren Hirnverletzungen und/oder erhöhtem intrakraniellem Druck kann die Aufhebung des Effekts von Benzodiazepinen nicht nur die Sedierung aufheben, sondern auch den intrakraniellen Druck weiter erhöhen.