Beim Diabetes mellitus handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, welche mit einer gestörten Glucosehomöstase einhergeht und deren Leitsymptom die Hyperglykämie ist. Ursächlich liegt beim Typ-I-Diabetes, welcher früher als Jugenddiabetes bezeichnet wurde, ein absoluter Insulinmangel vor. Dieser wird durch eine autoimmunologische Zerstörung der Insulin-produzierenden Beta-Zellen der Langerhans´schen Inseln bedingt. Je nach Ursache für den Insulinmangel unterscheidet man folgende Subgruppen des Typ-I-Diabetes:
- genetische Defekte der Beta-Zell-Funktion,
- genetische Defekte der Insulinwirkung,
- Erkrankungen des endokrinen Pankreas,
- Diabetes infolge von Endokrinopathien oder Infektionen,
- medikamenten- oder chemikalieninduziert,
- seltene Formen des immunvermittelten Diabetes und
- andere gelegentlich mit Diabetes assoziierte genetische Syndrome.
Somit ist ein Patient, welcher an dieser Form des Diabetes mellitus erkrankt ist, insulinabhängig (IDDM= insulin dependent diabetes mellitus).
Da es die Aufgabe des Insulins ist, Körperzellen Glucose durch Translokation von Glucosetransportern zugänglich zu machen, haben alle Körperzellen einen gewissen Nährstoffmangel. Diesen versucht der Körper zu kompensieren, indem er vermehrt lipolytisch aber auch proteolytisch tätig wird. Er versucht also durch Fett- und Muskelabbau Energie zu gewinnen. Im Rahmen der Lipolyse werden dabei vermehrt saure Ketonkörper gebildet, sodass unbehandelte oder schlecht eingestellte Patienten eine sogenannte Ketoazidose entwickeln. Diese Ketoazidose, welche man am Aceton-typischen Atemgeruch des Patienten erkennen kann, führt unbehandelt zum Tode.
Ein weiteres Indiz, an einem Diabetes mellitus erkrankt zu sein, ist die sogenannte Glucosurie, also die Ausscheidung von Glucose über die Niere. Dieses Phänomen ist namensgebend für die Krankheit; Diabetes mellitus heißt übersetzt "honigsüßer Ausfluss". Zu der Ausscheidung von Glucose über die Niere kommt es, da der Tubulusapparat der Glomeruli Glucose aus dem Harn nur bis zu einer Glucosekonzentration von ca. 180 mg/dl zurückgewinnen und diese dem Blut wieder zuführen kann. Bei höheren Glucosekonzentrationen ist die Transportkapazität der entsprechenden Transporter erschöpft, sodass Glucose im Urin verbleit und damit ausgeschieden wird. Da die so ausgeschiedene Glucose als osmotisches Diuretikum wirkt, erklärt sich die auftretende Polyurie (häufiges Wasserlassen) und Polydipsie (stark gesteigertes Durstgefühl), welche ebenfalls charakteristisch für eine Hyperglykämie sind. Dieses kann zu einem verstärkten Ausschwemmen von Wasser führen, welches zum Anstieg der Blutosmolarität und damit zum sogenannten hyperosmolaren Koma führen kann.
Ein Diabetes mellitus gilt ungeachtet seiner Ätiologie dann als diagnostiziert, wenn:
- ein HbA1c Wert > 6,5 %,
- eine Nüchternglucosekonzentration > 126 mg/dl oder Gelegenheitszucker > 200 mg/dl
- oder 2 Stunden nach OGGT eine Blutglucosekonzentration von > 200 mg/dl vorliegt.
Die aktuelle Leitlinie (2018) zeigt auch die Möglichkeit auf, den Typ I Diabetes schon vor dem Auftreten einer Hyperglykämie zu diagnostizieren. Hierfür werden neben dem Blutzuckerverlauf die Autoantikörper bestimmt. Als serologische Marker zur Diagnose können Inselzellantikörper (ICA), Insulinautoantikörper (IAA), Autoantikörper gegen Gluamat-Decarboxylase der B-Zelle (GAD65A), Autoantikörper gegen Tyrosinphosphatase und gegen den Zink-Transporter 8 der B-Zelle dienen.
Bei der Therapie des Typ-I-Diabetes kommt aufgrund des absoluten Insulinmangels nur Insulin selbst als Therapeutikum in Frage. Dabei kommen klassischer Weise 2 Therapieverfahren zur Anwendung:
- die konventionelle Insulintherapie, bei welcher der Patient morgens und abends eine Mischung aus Basal (langwirksam)- und Normalinsulin (schnellwirksam) spritzt. Die Blutglukoseselbstbestimmung sollte 3-4mal täglich erfolgen und ist ausreichend, wobei die gemessenen Werte jedoch meist unter denen der Labormessung liegen. Dabei muss der Patient strenge Ernährungspläne einhalten, um glykämische Entgleisungen zu verhindern.
- die intensivierte konventionelle Therapie, bei der der Patient morgens und ggf. abends ein Basalinsulin und zu den Mahlzeiten einen Bolus schnell verfügbaren Normalinsulins (alte Bezeichnung: Altinsulin) spritzt. Dadurch erhält der Patient eine größere Flexibilität in seiner Nahrungsaufnahme, ist aber auch an häufigeres Messen des Blutzuckers gebunden.
Zur Applikation des Insulins stehen Applikationshilfen in Form von Einmalspritzen (eher altertümlich), Insulinpens und Insulinpumpen zur Verfügung.
Ein wichtiger Parameter bei der Therapiekontrolle ist der HbA1c-Wert. Er bezeichnet eine Form des roten Blutfarbstoffes, an den Glucose dauerhaft gebunden ist, und spiegelt die mittlere Blutzuckerkonzentration eines Diabetikers über die letzten 6-8 Wochen wider. Je höher dieser Wert ist, desto stärker nimmt das Risiko von Spätschäden zu. Wünschenswert wäre natürlich das Erreichen eines normoglykämischen HbA1c-Wertes (ca. 5 %), jedoch lässt sich dieses nicht immer ohne Probleme erreichen.
Bei der Therapie des Typ-I-Diabetes ist es sinnvoll, einen HbA1c-Wert < 7,5 % anzustreben, da somit das Risiko, frühzeitig an den Spätfolgen eines Diabetes in Form von Mikroangiopathien (Retinopathie, Neuro- und Nephropathie) und Makroangiopathien (Herzinfarkt und Schlaganfall) zu erkranken, deutlich reduziert werden kann. So haben gut eingestellte Typ-I-Diabetiker kaum eine niedrigere Lebenserwartung als gesunde Mitmenschen.
Ernährung
Von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Therapie und die Vermeidung von Folgeerkrankungen ist die kontinuierliche Mitarbeit des Patienten, der in der Lage sein sollte, die Glukosewirksamkeit seiner Nahrung einzuschätzen, um die Insulindosierung entsprechend anpassen zu können. Es stehen Schulungs- und Behandlungsprogramme zur Verfügung in denen die Patienten die notwendigen Maßnahmen erlernen können.
Krankenhausaufenthalte
Bei Krankenhausaufenthalten sollte aus der Akte des Patienten eindeutig hervorgehen, dass er an Typ-1-Diabetes erkrankt ist, denn jedem der mit seiner Behandlung oder Ernährung zu tun hat, muss dies bekannt sein. Außerdem sollte ein Blutglukosemonitoring erfolgen und dem Patienten sollte die Möglichkeit gegeben werden, seine Therapie selber fortzuführen, wenn er dazu in der Lage ist.
Reisen
Generell unterliegen Typ-1-Diabetiker keinen nennenswerten Einschränkungen beim Reisen, allerdings verschlechtern sich auf Reisen oft die Stoffwechselparameter, weshalb es sinnvoll ist, vor einer Reise eine diabetesorientierte Beratung einzuholen und ausreichend Möglichkeiten zur Kühlung des Insulins einzuplanen.
Akutkomplikationen
Hypoglykämie
Es ist essenziell, dass dem Patienten die Symptome einer Hypoglykämie bekannt sind und er in der Lage ist, richtig zu reagieren. Eine milde Hypoglykämie kann selbstständig durch Einnahme von Kohlenhydraten (20 g, z. B. 200 ml Fruchtsaft) therapiert werden. Bei schweren Hypoglykämien ist der Patient auf Hilfe durch Angehörige (bei Bewusstsein Gabe von 30 g Glukose) oder medizinisches Personal angewiesen (bei Bewusstlosigkeit 1 mg Glucagon i.m. oder s.c. oder 50 ml 40%-Glukoselsg. im Bolus i.v.). Daher sollten auch Familienangehörige wissen, was zu tun ist. Auch hierfür stehen spezifische strukturierte Schulungsangebote zur Verfügung. Ursache für eine Hypoglykämie kann eine vergessene Mahlzeit, das Spritzen des falschen Insulins, erhöhter Glukoseverbrauch (z. B. nach dem Sport), eine geringere endogene Glukoseproduktion (z. B. durch Alkohol), eine erhöhte Insulinsensitivität (z. B. während der Nacht oder durch verbesserten Trainingszustand) und eine erniedrigte Insulinclearance (bei Niereninsuffizienz) sein.
Diabetische Ketoacidose
Eine diabetische Ketoacidose liegt vor, wenn die Blutglukose > 250 mg/dl beträgt und Ketonämie und/oder Ketonurie mit arteriellem pH < 7,35 oder venösem pH < 7,3 und Serum-Bicarbonat < 270 mg/dl liegt. Ursache dafür können eine nicht erkannte Erstmanifestation der Erkrankung, eine Unterbrechung der laufenden Insulintherapie, eine Unterbrechung der Insulingabe bei Pumpentherapie oder akute schwere Erkrankungen mit einer gesteigerten katabolen Verstoffwechslung und erhöhtem Insulinbedarf sein. Da diese Komplikation im Gegensatz zur Hypoglykämie selten auftritt, wird sie von den Betroffenen oft erheblich unterschätzt. Schulungen sollten daher regelmäßig wiederholt werden und ggf. ärztliche Hilfe über einen Rettungsdienst angenommen werden.
Kontrolle auf diabetesassoziierte Folgeerkrankungen
- Um Lipohypertrophien rechtzeitig zu erkennen, sollten die Einstichstellen mindestens jährlich durch Palpation der Haut kontrolliert werden, wenn jedoch unerklärliche Schwankungen der Stoffwechsellage auftreten, sollte die Kontrolle vierteljährlich erfolgen.
- Ab dem 11. Lebensjahr oder nach 5 Jahren Erkrankungsdauer sollte regelmäßig die Albumin-Kreatinin-Ratio und die glomeruläre Filtrationsrate bestimmt werden, um eine Mikroalbuminurie und Nephropathie rechtzeitig zu erkennen.
- Im Rahmen des ophthalmologischen Screenings sollte die Netzhaut alle 2 Jahre auf Veränderungen hin überprüft werden, wobei das Intervall auf ein Jahr verkürzt werden sollte, wenn Risikofaktoren vorliegen.
- Außerdem sollte eine jährliche Kontrolle auf Neuropathien und Fußerkrankungen durchgeführt werden.
- Die Kontrolle des Herz-Kreislauf-Systems sollte risikoadaptiert erfolgen.