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          < Benzylpenicillin-Natrium >

Benzylpenicillin-Natrium

 

Wirkmechanismus

Bakterizid wirkendes nicht oral verfügbares β-Lactam-Antibiotikum (Penicillin) mit schmalem Wirkspektrum:
Bakterielle Zellwandsynthesehemmung durch Hemmung der D-Alanin-Transpeptidase

Anwendung

Akute und chronische Infektionen

Eine antibiotische Therapie wird immer dann notwendig, wenn ein Krankheitserreger in den menschlichen Organismus eindringt und sich entsprechend dort vermehrt. Zum einen kommt es lokal zu einer Gewebsdestruktion, zum anderen können die beteiligten Krankheitserreger oder Überreste dieser lokal oder systemisch toxisch wirken. Im schlimmsten Fall kann es zu einer systemischen Ausbreitung des Erregers kommen, was zum septischen Schock u. U. mit Todesfolge führen kann.

Häufig kommen bei bakteriellen Infektionen wegen ihrer guten bakteriziden Wirksamkeit und der günstigen Herstellungskosten Penicilline zum Einsatz. Benzylpenicillin ist prinzipiell bei allen Erregern einsetzbar, die gegen diese Substanz empfindlich sind. Dies bedeutet, dass die im Organismus erreichbaren Wirkstoffspiegel oberhalb der minimalen Hemmkonzentration bzw. minimalen bakteriziden Konzentration liegen.

Anwendungsgebiete von Benzylpenicillin laut Fachinformation sind Infektionen durch Streptokokken, Pneumokokken, Gonokokken, Meningokokken und Spirochäten:
  • Infektionen der oberen Atemwege, inklusive Sinusitis, Pharyngitis, Tonsillitis
  • Infektionen der unteren Atemwege, inklusive Bronchitis und Pneumonie
  • akute Otitis media
  • gynäkologische Infektionen
  • Aktinomykose
  • Diphtherie
  • Endocarditis
  • Meningitis
  • Knocheninfektionen
  • Tetanus
  • Sepsis

Die offiziellen Leitlinien zur angemessenen Anwendung von Antibiotika sind zu beachten.

Meningitis (durch Meningokokken)

Die Meningitis ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute.

Die Hirnhäute umfassen drei Schichten. Innen liegt die weiche Hirnhaut (= Pia mater), die fest mit der Oberfläche von Gehirn und Rückenmark verbunden ist. Die mittlere Schicht ist die Spinnenwebshaut (= Arachnoidea). Diese liegt wie ein Netz um das Gehirn und folgt nicht in die Hirnfurchen. Die Pia mater und die Arachnoidea umschliessen den Subarachnoidalraum, der mit Liquor-Flüssigkeit gefüllt ist und daher auch als äußerer Liquorraum bezeichnet wird. Die äußere Schicht der Hirnhaut ist die Dura mater (= harte Hirnhaut). Sie liegt der Arachnoidea auf der einen und dem Schädelknochen auf der anderen Seite eng an.

Eine Meningitis kann durch Bakterien (z. B. Streptococcus agalactiae, Pneumokokken, Haemophilus influenza, Meningokokken), Viren (z. B. FSME-Virus, Herpes-Viren), Pilze (z. B. Kryptokokken) und Parasiten (z. B. Plasmodien) ausgelöst werden. Ein häufig verwendeter Begriff ist die aseptische Meningitis, bei der die klinischen Symptome einer Meningitis ohne Erregernachweis vorhanden sind. Die bakterielle Meningitis hat in westlichen Industrieländern eine Inzidenz von etwa 3 Fällen auf 100.000 Einwohner pro Jahr. Virale Meningitiden kommen mit 11 Fällen pro 100.000 Einwohner deutlich häufiger vor. Im Folgenden wird hier nur auf die bakterielle Meningitis durch Meningokokken eingegangen:

Meningokokken (= Neisseria meningitidis) sind gramnegative, intrazelluläre Bakterien, die unter dem Mikroskop als Diplokokken erscheinen. Bei etwa 10 % der Menschen besiedeln sie den Nasen-Rachen-Raum, ohne Symptome zu machen. Sie treten in 12 verschiedenen Serogruppen auf. In Deutschland liegt die Inzidenz von Meningokokken-Erkrankungen unter 0,5 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Dabei wird die Mehrzahl der Erkrankungen durch die Serogruppen B (ca. 70 %) und C (ca. 24 %) verursacht. Die Infektion erfolgt durch oropharyngealen Kontakt mit Sekreten. Der Mensch ist der einzige Wirt. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel zwischen 3 bis 4 Tagen.

Meningokokken-Infektionen verlaufen überwiegend in Form einer Meningitis. In etwa 30 % der Fälle nehmen sie einen septischen Verlauf, deren schwerste Form das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom mit Einblutungen in die Nebennieren und einer hohen Letalität ist. Die Erkrankung beginnt häufig unspezifisch mit Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Schwindel. Innerhalb weniger Stunden kann sich ein schweres, lebensbedrohliches Krankheitsbild entwickeln. Typische Meningitis-Symptome sind darüber hinaus Erbrechen, Nackensteifigkeit (= Meningismus) und Bewusstseinsminderung. Bei Fortschreiten der Erkrankung entwickeln sich Schläfrigkeit bis hin zum Koma, Hirnnervenlähmungen und Krampfanfälle. Die Sepsis kann mit petechialen Exanthemen (=punktförmige Einblutungen) oder großflächigen Hauteinblutungen einhergehen. Im Rahmen der Sepsis werden auch andere Organe betroffen und es kann zur Pneumonie, Endocarditis, Myocarditis, Pericarditis, Arthritis und/oder Osteomyelitis kommen. Spätschaden können Schädigungen des Innenohrs mit Taubheit, Einschränkungen des Intellekts, Hydrozephalus (= „Wasserkopf“ = Erweiterung der inneren Liquorräume) oder auch eine ausgedehnte Gangrän der Gliedmaßen sein.
Diagnostisch steht der Nachweis von Meningokokken im Blut und im Liquor an. Dennoch sollte schnellstmöglich mit einer empirischen Antibiose begonnen werden. Die Entzündungsparameter (C-reaktives Protein, Leukozytenzahl) im Blut sind in der Regel massiv erhöht. Bei der körperlichen neurologischen Untersuchung können bei Meningismus das Kernig-, Brudzinski- und Lasègue-Zeichen positiv sein.
  • Das Kernig-Zeichen ist positiv, wenn bei gebeugtem Hüftgelenk die passive Streckung im Kniegelenk zu Schmerzen im Lumbalbereich führt.
  • Beim positiven Brudzinski-Zeichen winkelt der Patient reflektorisch die Kniegelenke an, wenn passiv der Kopf gebeugt wird.
  • Das Lasègue-Zeichen beschreibt einen Dehnungsschmerz im Ischiasbereich oder im Bereich lumbaler Spinalwurzeln bei passiver Beugung des gestreckten Beins.

Das Mittel der Wahl bei der Behandlung einer Meningokokken-Meningitis ist bei Erregernachweis Penicillin G (= Benzylpenicillin). Dennoch sind Resistenzen gegen Penicillin vorhanden. Empirisch sollte bei begründetem Verdacht auf eine Meningokokken-Meningitis eine Therapie mit einem Cepahalosporin der 3. Generation (z. B. Cefotaxim, Ceftriaxon) begonnen werden. Gegebenenfalls sind weitere Maßnahmen unter intensivmedizinischen Bedingungen notwendig wie z. B. Schocktherapie mit Elektrolyten und Flüssigkeit, Therapie von Gerinnungsstörungen und Behandlung eines Hirndrucks mit Glucocorticoiden (Dexamethason). Die Letalität beträgt bei isolierter Meningitis etwa 1 %, bei Sepsis etwa 15 % und beim Waterhouse-Friderichsen-Syndrom etwa 33 %.

Meningokokken-Infektionen sind meldepflichtig. Seit 2006 werden Kinder gegen Meningokokken der Serogruppe C standardmäßig geimpft. Seit 2013 ist auch ein Impfstoff gegen die Serogruppe B auf dem Markt, der bisher jedoch nicht zur Standardimpfung gehört. Derzeit wird er nur für enge Kontaktpersonen von Patienten mit einer invasiven Meningokokken-Infektion des Typs B empfohlen. Weiterhin gibt es seit 2010 bzw. 2012 einen quadrivalenten Impfstoff gegen die Serogruppen A, C, W und Y. Eine Impfung mit dem Vierfach-Impfstoff wird z. B. für Reisen im Rahmen einer islamischen Pilgerfahrt (Haddsch) gefordert.

Enge Kontaktpersonen von Patienten mit einer invasiven Meningokokken-Infektion haben ein erhöhtes Risiko, ebenfalls an einer Infektion zu erkranken. Eine postexpositionelle Chemoprophylaxe ist bis maximal 10 Tage nach dem letzten Kontakt zu dem Erkrankten sinnvoll, sollte aber schnellstmöglich durchgeführt werden. Mittel der Wahl bei Erwachsenen, Kindern und Neugeborenen ist Rifampicin für 2 Tage. Für Erwachsene kann auch einmalig Ciprofloxacin peroral oder Ceftriaxon i.m. in Erwägung gezogen werden, wobei für Schwangere Ceftriaxon Mittel der Wahl ist.

Gonorrhoe (durch Gonokokken)

Gonokokken (= Neisseria gonorrhoeae) können beim Menschen eine Gonorrhoe (= „Tripper“) verursachen. Der Name Neisseria geht auf den Entdecker Alber Neisser zurück. Gonokokken sind gramnegative aerobe, nierenförmige, meist paarweise gelagerte Kokken (= Diplokokken). Sie haben keine echte Kapsel wie die Meningokokken, sondern entziehen sich durch in die Membran eingelagerte Lipooligosaccharide und Peptidoglykane der Immunantwort des Wirtes. Der Kontakt zu Wirtszellen erfolgt über Adhäsine. Dabei ermöglichen Pilus-Proteine die Bewegung, über OPA-Proteine (engl. für opacity, Kolonien erscheinen trübe) werden die jeweiligen Zielstrukturen Fibroblasten, Epithelzellen und Makrophagen angesteuert. Gonokokken bilden eine IgA-Protease, die IgA-Antikörper auf Schleimhäuten spaltet. Durch Abspaltung des eigentlich an Phagozyten bindenden Fc-Teils kann einerseits die Phagozytose verhindert und damit ein wichtiger Teil des epithelialen Abwehrmechanismus außer Kraft gesetzt werden, andererseits wird durch die Bindung des körpereigenen Fab-Fragments an der Gonokokken-Membran die Fremderkennung unterdrückt. Die Gonokokken werden über die OPA-Proteine von den Epithelzellen phagozytiert und an der anderen, lumen-abgewandten Seite wieder ausgeschieden (= Transzytose).  

Die Gonorrhoe ist weltweit verbreitet und gehört zu den sexuell übertragbaren Erkrankungen (= STD = sexual transmitted disease). In Deutschland gibt es seit 2001 keine Meldepflicht mehr, es gibt aber Bestrebungen, diese wieder einzuführen. Zahlen existieren nur noch aus Sachsen, wo es zwischen 2003 und 2011 mit 13,8 Fällen pro 100.000 Einwohner zu einer Verdopplung der Fallzahlen gekommen ist. Eine höhere Inzidenz muss bei Männern, die Sex mit Männern haben (= „MSM“), angenommen werden. Die Übertragung erfolgt als Schmierinfektion beim oralen bzw. genitalen Geschlechtsverkehr oder als Schmierinfektion unter der Geburt. Die Inkubationszeit liegt zwischen 1 und 14 Tagen, wobei sie bei der Frau in der Regel länger ist.

Befallen werden meist die Schleimhäute des Urogenitaltraktes. Bei Neugeborenen kann es zum Befall der Bindehäute kommen und eine eitrige Keratokonjunktivitis („Gonoblennorrhoe“) auslösen, die zur Erblindung führen kann. Weiterhin kann der Rachen (= Pharynx) und der Mastdarm (= Rektum) betroffen sein. Im Rahmen einer Sepsis können auch andere Organe angegriffen werden (= disseminierte Gonokokken-Infektion mit Monoarthritiden oder Pneumonie). Beim Mann verläuft eine Gonokokken-Infektion meist als schmerzhafte, eitrige Urethritis (= Harnröhren-Entzündung) mit Dysurie (= Schmerzen beim Wasserlassen) und eitrigem Ausfluss („Bonjour-Tropfen“ = eitriger Ausfluss beim morgendlichen Toilettengang). Bei Aufsteigen der Infektion kann sich eine Epididymitis (= Nebenhoden-Entzündung) und eine Prostatitis (= Entzündung der Vorsteherdrüse, Prostata) entwickeln. Bei der Frau verläuft die Infektion in 50 % der Fälle -und damit wesentlich häufiger als beim Mann- asymptomatisch. Klinische Symptome können ebenfalls Ausfluss (= Fluor) und Dysurie sowie eine Menorrhagie und Zwischenblutungen bei Mitbeteiligung des Endometriums (= Gebärmutter-Schleimhaut) sein. Bei Aufsteigen der Infektion kommt es zur Infektion des gesamten Beckens (= pelvic inframmatory disease, PID) mit Entzündung der Eileiter (= Salpingitis). Langfristig kann das zu Extrauteringraviditäten (= Eileiter-Schwangerschaften) und -wie beim Mann- auch zur Infertilität führen. Bei Infektionen in der Schwangerschaft kann es zu Abort oder Frühgeburt kommen. Die pharyngeale und/oder rektale Gonorrhoe geht mit weiteren entsprechenden Entzündungszeichen an den jeweiligen Orten einher.

Die Diagnostik erfolgt über den Erregernachweis im Abstrichpräparat, durch Anlegen von Kulturen, bei denen auch gleich ein Antibiogramm erstellt werden kann, und durch PCR-Methoden (= NAAT = Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren).

Wegen der Resistenzlage wird Benzylpenicillin (Penicillin G) zur Behandlung der Gonorrhoe nicht mehr empfohlen. Gonokokken nehmen über Transformation sehr leicht Resistenzplasmide, die für Penicillinasen codieren, auf. Derzeit wird in Deutschland die kombinierte Gabe von 1 g Ceftriaxon i.m./i.v. plus 1,5 g Azithromycin oral jeweils als Einmaldosis empfohlen. Bei einer Kontraindikation gegen i.m./i.v.-Gabe kann statt Ceftriaxon 800 mg Cefixim oral als Einmaldosis gegeben werden. Bei vorher nachgewiesener Empfindlichkeit kann auch 400 mg Cefixim oral, 500 mg Ciprofloxacin oral, 400 mg Ofloxacin oral (Gyrasehemmer aufgrund der z.T. irreversiblen Nebenwirkungen nur noch nach strenger Risiko-Nutzen-Bewertung) oder 1,5 g Azithromycin oral jeweils als Einmaldosis gegeben werden. Doxycyclin dient als Reservemittel, wenn eine Gonokokkeninfektion gepaart mit einer Clamydieninfektion vorliegt und Azithromycin nicht eingesetzt werden kann.

Bei jedem Neugeborenen wird unmittelbar nach der Geburt die (immer noch so genannte) Credé-Prophylaxe zur Vorbeugung einer evtl. unter der Geburt erfolgten Gonokokken-Infektion durchgeführt. Bis Anfang der 1990er Jahre bestand sie aus der Gabe einer 1-2 %igen Silbernitrat-Lösung in beide Bindehautsäcke. Heute werden Erythromycin-Augentropfen oder 2,5 %ige Povidon-Iod-Lösungen verwendet.

Syphilis (durch Treponema pallidum)

Die Syphilis (= Lues =“harter Schanker“ = „Franzosenkrankheit“) ist eine durch Treponema pallidum sexuell übertragene Geschlechtskrankheit (= STD = sexual transmitted disease).

Treponemen sind schraubenförmige, um die Längsachse rotierende gramnegative Bakterien aus der Gruppe der Spirochäten. Sie kommen nur beim Menschen vor. Die Übertragung erfolgt bei sexuellen Kontakten über kleinste Läsionen an Haut und Schleimhaut. Die Übertragung von einem infizierten Partner erfolgt in etwa 30 % der Fälle. Weiterhin wichtig ist die Übertragung auf das ungeborene Kind über die Plazenta. Die Inkubationszeit kann zwischen 10 und 90 Tagen schwanken, wobei sie durchschnittlich etwa 14 bis 24 Tage beträgt. Die Infektiosität nimmt im Verlauf einer Erkrankung ab. So sind Patienten im Stadium I (Einteilung folgt) hochinfektiös, im Stadium II infektiös und im Spätstadium nicht mehr ansteckend. Die Syphilis gehört zu den meldepflichtigen Erkrankungen. Im Jahr 2001 war die Rate der Neuerkrankungen in Deutschland mit 1,4 pro 100.000 Einwohner auf dem niedrigsten Stand. Seitdem steigt die Zahl wieder deutlich an, besonders in der Gruppe homosexueller Männer, jedoch auch generell durch ein verändertes sexuelles Risikoverhalten. 2012 wurden dem RKI 4410 Syphilis-Fälle gemeldet.  

Nur in etwa 50 % der Fälle wird die Erkrankung symptomatisch, was die Ausbreitung begünstigt. Die Einteilung erfolgt in verschiedene Stadien: Stadium I ist die primäre Syphilis mit lokalen Symptomen, Stadium II ist die sekundäre Syphilis mit generalisierten Symptomen. Stadium I und II werden auch als Frühsyphilis bezeichnet. Die tertiäre Syphilis (= Stadium III) und die Neurosyphilis (manchmal als Stadium IV bezeichnet) werden zur Spätsyphilis zusammengefasst. Ein weiterer wichtiger Begriff ist die Lues latens (= latente Syphilis). Sie bezeichnet die latente Infektion ohne klinische Symptome. Dabei spricht man bis zu einem Jahr nach Infektion von einer Frühlatenz mit erhaltener Infektiosität, danach von einer Spätlatenz mit keiner oder nur geringer Infektiosität.
  • In Stadium I bildet sich an der Eintrittspforte zunächst ein Knötchen, aus dem sich im Verlauf ein schmerzloses Ulkus (= Primäraffekt = „harter Schanker“) entwickelt. In der Regel befindet sich der Primäraffekt an den primären Geschlechtsorganen, kann aber auch -je nach ausgeübter Sexualpraktik- an der Lippe, in der Mundhöhle, am Anus oder im Rektum sein. Die regionalen Lymphknoten sind geschwollen. Nach 4 bis 6 Wochen heilt das Ulkus narbig ab und die ebenfalls schmerzlosen Lymphknotenschwellungen gehen zurück.
  • Danach beginnt das Stadium II mit generalisierten Symptomen. Es kommt zu Allgemeinsymptomen wie z. B. Fieber, Müdigkeit, Kopf-, Glieder- und Muskelschmerzen mit generalisierten Lymphknotenschwellugen (Polyskleadenitis). Typisch sind die Exantheme und Enantheme (= Ausschlag an inneren Schleimhäuten wie z. B. Mundschleimhaut), die „Syphilide“ genannt werden. Das Exanthem ist masernähnlich, stammbetont und ohne Juckreiz. Ebenfalls typisch sind nach mehreren Wochen auftretende Rezidiv-Exantheme. Weitere Symptome sind mottenfraßartiger Haarausfall, blumenkohlähnliche Papillome im behaarten Kopfbereich, postinflammatorische Depigmentierungen (besonders am Hals = „Halsband der Venus“), Plaques an der Mundschleimhaut und Zunge -eventuell mit begleitender Angina-, übermäßige Hornhautbildung (= Clavi syphilitici) und großflächige, erreger-reiche Papel-Beete (Condylomata lata).
  • Etwa zwei Jahre nach Infektion klingen die Exantheme ab und es beginnt Stadium III. Das tertiäre, heute nur noch selten diagnostizierte Stadium kann mehrere Jahre dauern. Klinische Symptome können fehlen. Typisch sind jedoch ulzerierende granulomatöse Veränderungen, die „Gummen“ genannt werden und jedes Organ betreffen können. Daneben kommt es zu tuberösen (= höckrig, knotig) Hautveränderungen und kardiovaskulären Schäden wie z. B. Aneurysmen. Charakteristisch für eine Neurosyphilis (= Neurolues) ist der Tabes dorsalis: Durch Degeneration der Hinterstränge kommt es zu Schmerzattacken und Sensibilitätsstörungen an Bauch und Beinen. Daneben können eigentlich alle Formen von ZNS-Störungen auftreten, z. B. Meningitis, Hirnnervenparesen, Krampfanfälle oder ein hirnorganisches Psychosyndrom.
In der Schwangerschaft kommt es bei einer Übertragung von der Mutter auf das Kind meist zu einer Fehlgeburt. Bei überlebenden Neugeborenen mit angeborener Syphilis (= Lues connata) kommt es zu Hepato- und Splenomegalie sowie gegebenenfalls zu schweren Fehlbildungen.

Treponema pallidum kann direkt aus Sekreten des Primäraffekts oder Papeln im Dunkelfeldmikroskop nachgewiesen werden. In der Regel erfolgt aber ein serologischer Nachweis mittels Antikörpertestung. Bei der Neurosyphilis erfolgen diese Nachweise aus dem Liquor.

Mittel der Wahl ist bis heute Benzylpenicillin (= Penicillin G). Im Primär- uns Sekundärstadium werden einmal 2,4 Millionen I.E. i.m. verteilt auf 2 Injektionsstellen gegeben. Alternativen bei Penicillinallergie sind 2 x 100 mg Doxycyclin über 2 Wochen oder 4 x 500 mg Erythromycin über 2 Wochen. Spätere Formen der Syphilis werden mit den gleichen Antibiotika, jedoch über einen längeren Zeitraum behandelt.

Patienten mit Syphilis sollten auf weitere in Frage kommenden sexuell übertragbare Krankheiten untersucht werden, einschließlich HIV-Test. Alle in Frage kommenden Sexualpartner sollten beraten, mituntersucht und behandelt werden. Bei der primären Syphilis betrifft das alle Partner der letzten 3 Monate, bei sekundärer oder frühlatenter Syphilis alle Sexualpartner der letzten 2 Jahre.

Neuroborreliose (durch Borrelia burgdorferi)

Die Borreliose (= Lyme-Borreliose = Lyme-Krankheit) wird durch Borrelien (Borrelia burgdorferi) hervorgerufen. Borrelien sind schraubenförmige, aktiv bewegliche, gramnegative Bakterien aus der Gruppe der Spirochäten. Natürliche Wirte sind Vögel, Rehe und kleine Nager wie z. B. Ratten und Mäuse, deren Erreger über Zecken (= lat.: Ixodes) als Vektor auf den Menschen übertragen werden. Die Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung in Europa. In Deutschland ist nach einem Zeckenstich bei 1,5 bis 6 % der Betroffenen mit einer Infektion zu rechnen, wobei nur bei 0,3 bis 1,4 % derjenigen mit klinischen Symptomen zu rechnen ist. Die Inkubationszeit variiert stark zwischen einigen Tagen und mehreren Wochen.  

Die Neuroborreliose ist typischerweise eine Manifestation der Borreliose im Spätstadium, obwohl auch Fälle einer akuten Neuroborreliose im Frühstadium beschrieben sind. Hierbei können die Hirnhäute (= Meningen) und/oder einzelne Hirnnerven betroffen sein. Symptome sind z. B. das radikuläre Schmerzsyndrom (= Bannwarth-Syndrom), Sensibilitätsstörungen oder Paresen (z. B. Facialisparese). Es kann aber auch zur Meningitis (= Entzündung der Hirnhäute), Meningoenzephalitis (= Entzündung der Hirnhäute und des Gehirns) oder Enzephalomyelitis (= Entzündung des Gehirns und des Rückenmarks) kommen.

Labordiagnostisch steht bei der Neuroborreliose der Nachweis spezifischer Antikörper im Serum und Liquor im Vordergrund. Weiterhin finden sich im Liquor eine Pleiozytose (= Zellzahl über 5/µl) und ein erhöhter Eiweißgehalt. Ein Kulturnachweis oder ein Nachweis mittels PCR ist möglich, aber u. U. schwierig.

Für die Therapie der Neuroborreliose ist neben der Wirksamkeit die Liquorgängigkeit des Antibiotikums entscheidend. Dabei werden Amoxicillin, Doxycyclin und Cephalosporine der 3. Generation wie z. B. Cefotaxim oder Ceftriaxon als Mittel der Wahl über mehrere Wochen eingesetzt. Eine Alternative ist Azithromycin oder bei früher Neuroboreliose ohne ZNS-Beteiligung auch Benzylpenicillin.

Osteomyelitis

Die Osteomyelitis beschreibt im wörtlichen Sinne eine Entzündung des Knochenmarks. Weil in der Regel alle Anteile des Knochens betroffen sind, wird heute mehr und mehr der Begriff Osteitis (Knochenentzündung) verwendet. Typischerweise sind die langen Röhrenknochen in den Extremitäten betroffen. Eine Einteilung der Osteomyelitis kann nach dem Verlauf oder nach der Ursache vorgenommen werden.
  • Akute Osteomyelitiden entwickeln sich früh z. B. nach einer Operation mit den klassischen Entzündungszeichen dolor (Schmerz), calor (Wärme), rubor (Rötung), tumor (Schwellung) und functio laesa (gestörte Funktion). Chronische Formen sind schwieriger zu erkennen, weil sie nicht immer alle typischen Entzündungszeichen aufweisen. Die Infektion ist dann in der Regel nur schwer zugänglich sowohl für das eigene Immunsystem als auch für von außen zugeführte Arzneistoffe.
  • Die Einteilung nach der Ursache erscheint dahingehend sinnvoller, weil sie für die zu erfolgende Therapie Auswirkungen hat: Exogene Osteomyelitiden sind sozusagen von außen zugeführt. Sie entwickeln sich posttraumatisch -etwa nach offenen Frakturen mit Kontakt zur Umwelt- oder postoperativ, wenn nicht aseptisch gearbeitet wurde. Eine endogene Osteomyelitis kommt in der Regel durch hämatogene Streuung von Bakterien zustande. Der Primärinfekt liegt dabei woanders, z. B. bei Hautwunden oder bei Entzündungen der Mandeln (Tonsillitis), Kiefernhöhlen (Sinusitis), Atemwege (Pneumonie) oder gar einer Sepsis. Eine besondere Form der hämatogenen Osteomyelitis bei Kindern ist der sog. „Brodie-Abszess“, eine druckdolente Schwellung im Bereich eines Röhrenknochens, die erst im Röntgenbild oder MRT als Osteomyelitis zu erkennen ist.  

Akute Osteomyelitiden werden meist durch Staphylococcus aureus verursacht. Bei den hämatogenen Formen können daneben auch andere Erreger wie z. B. Staphylococcus epidermis, Pseudomonas aeruginosa oder Escherichia coli in Frage kommen. Bei Immunsuppression können auch Mycobakterien oder Pilze wie Candida albicans oder Aspergillus zu einer Osteomyelitis führen.

Im Zuge der klassischen Entzündungszeichen kann es zu -besonders bei Kindern teils hohem- Fieber kommen. Die Diagnostik beinhaltet die Bestimmung von Entzündungsparametern und das Anlegen von Blutkulturen. Bildgebende Verfahren umfassen das konventionelle Röntgen, das u. U. keine ausreichende Sicherheit gibt, Sonographie und MRT. Gerade bei Verdacht auf eine hämatogene Streuung sollte auf andere Entzündungsgeschehen im Körper untersucht werden. Differentialdiagnostisch muss ein Ewing-Sarkom, ein bösartiger Tumor des Bindegewebes, ausgeschlossen werden.

Neben der Sanierung eines eventuell auslösenden Entzündungsherdes muss bei einer Osteomyelitis eine u. U. wochen- bis monatelange intravenöse Antibiotika-Therapie durchgeführt werden. Gegebenenfalls muss der Knochen auch chirurgisch saniert werden. Dabei kann auch lokal ein Antibiotikum gegeben werden. Auch heute noch kann im Rahmen einer therapierefraktären Osteomyelitis eine Amputation notwendig werden.

Dosierung

Erwachsene und Jugendliche über 12 Jahre:
1 bis 5 Millionen I.E. i.v./i.m. verteilt auf 4-6 Einzeldosen
Schwere Infektion: 20 bis 60 Millionen I.E. i.v./i.m. verteilt auf 4-6 Einzeldosen

Kinder von 1 bis 12 Jahren:
0,05 bis 0,5 Million I.E./kg KG i.v./i.m. verteilt auf 4-6 Einzeldosen

Säuglinge im ersten bis 12. Lebensmonat:
0,05 bis 1 Million I.E./kg KG i.v./i.m.  verteilt auf 3-4 Einzeldosen

Patientenhinweis

Vor Beginn einer Behandlung mit Benzylpenicillin sollte der Erreger und dessen Empfindlichkeit getestet werden.
Bei Therapie kann es zu allergischen Reaktionen inkl. Anaphylaxie sowie im Verlauf zu einer Jarisch-Herxheimer-Reaktion mit Schüttelfrost und Fieber kommen.
Bei einer langen oder Hochdosistherapie sollten das Blutbild, die Nierenfunktion und die Elektrolyte kontrolliert werden.
Unter der Therapie können labordiagnostische Untersuchungen verfälscht sein, z. B. positiver Coombs-Test.
Die Wirksamkeit hormoneller Kontrazeptiva kann beeinträchtigt sein.
Bei hohen Dosierungen muss u. U. die Natrium-Belastung durch den Arzneistoff berücksichtigt werden.

Nebenwirkungen

  Gastrointestinale Störungen

Da Benzylpenicillin nicht nur pathologische Mikroorganismen bekämpft, sondern auch solche, die zur physiologischen Darmflora des Menschen zählen, treten gelegentlich Durchfälle, Übelkeit und Erbrechen auf. Nach Beendigung der Therapie klingen diese meist leicht ausgeprägten Beschwerden wieder ab.

Bei schweren und anhaltenden Durchfällen kann eine pseudomembranöse Enterokolitis die Ursache sein, eine durch Überwucherung mit Clostridioides difficile ausgelöste Schleimhautentzündung (meist) des Dickdarms. Bei nachgewiesener pseudomembranöser Enterocolitis ist die Therapie mit Benzylpenicillin sofort abzubrechen und eine orale Therapie mit Metronidazol oder Vancomycin einzuleiten. Seit 2013 steht auch das ausschließlich zur Behandlung von Clostridien-Infektionen zugelassene Fidaxomicin für die orale Anwendung zur Verfügung.

  Allergische Reaktionen

Häufig kommt es unter der Therapie mit Penicillinen, Cephalosporinen, Monobactamen und Carbapenemen zur Sensibilisierung des Patienten, die bei wiederholter Anwendung wegen der auftretenden allergischen Reaktionen zum Therapieabbruch zwingt. Typisch ist ein Arzneimittel-Exanthem durch Penicilline mit Juckreiz und Nesselsucht, deren Therapie mit Antihistaminika und Glucocorticoiden möglich ist. Seltener kommen auch stärkere Überempfindlichkeitsreaktionen bis hin zum allergischen Schock vor.

Die Ursache der Unverträglichkeit liegt im β-Lactamring begründet, der mit Proteinen und Makromolekülen des Menschen unter Bildung eines Antigens reagieren kann. Dies führt z. B. bei Penicillinen zur Unverträglichkeit gegen sämtliche Penicilline, nicht jedoch zwangsläufig auch gegen Cephalosporine. Eine topische Gabe des Wirkstoffes ruft besonders leicht allergische Reaktionen hervor, so dass die Gabe immer peroral oder parenteral erfolgen muss.

Besonders bei Infektionen mit gramnegativen Keimen wie z. B. Spirochäten (Treponema, Borrelia) kann es durch den anfangs massiven Zerfall der Bakterien zur übermäßigen Freisetzung von Endotoxin kommen. Endotoxin setzt Entzündungsmediatoren frei, die zu Fieber, Schüttelfrost, Exanthemen, Arthralgie und Myalgie führen können. Dieses ist auch als sog. Jarisch-Herxheimer-Reaktion bekannt. Die Beschwerden setzen meist 2 bis 12 Stunden nach Therapiebeginn ein und klingen in der Regel innerhalb weniger Stunden wieder ab. Dennoch sind schwere Verlaufsformen mit Schocksymptomatik beschrieben worden. Gegebenenfalls können Glucocorticoide und Antipyretika die Beschwerden lindern.

  Störungen des Blutbildes

Sehr selten tritt als Nebenwirkung Leukopenie, Thrombozytopenie, Granulozytopenie, Panzytopenie, Eosinophilie und Agranulozytose auf. Die Entwicklung von Neutropenie, Thromboytzopenie und hämolytischer Anämie tritt vor allem bei längerer und/oder hoher Dosierung auf. Bei einer Gesamtdosis von über 200 Millionen I.E. sind diese Nebenwirkungen häufig bis sehr häufig.
Diese Nebenwirkungen sind auf eine zytotoxische Allergie (= Typ-2-Reaktion) der Penicilline zurückzuführen.
Nach Absetzen von Benzylpenicillin kommt es in 90 % der Fälle innerhalb von 2 bis 8 Tagen zu einer Normalisierung des Blutbildes. Bei Fortführung der Therapie kann sich eine vollständige Agranulozytose entwickeln.
Das Hämatogramm (Blutbild) stellt die Menge der in einer Blutprobe vorhandenen Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Thrombozyten (Blutplättchen) und Retikulozyten (polymorphkernige Blutkörperchen) nebeneinander dar. Beim Differentialblutbild werden sowohl quantitative als auch qualitative Parameter, wie z. B. die Form, mit herangezogen. Neben pathologischen Veränderungen können Abweichungen von den Normwerten auch durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen bedingt sein. Auftreten können u. a.:
  • Leukopenie: Die Gesamtzahl aller Leukozyten (Granulozyten, Lymphozyten, Monozyten) im Blut ist auf unter 5.000/mm³ reduziert.
  • Leukozytose: Die Gesamtzahl aller Leukozyten im Blut ist über 10.000/mm³ erhöht.
  • Granulozytopenie: Verminderung der Anzahl der Leukozyten, insbesondere der neutrophilen Granulozyten.
  • Agranulozytose (perniziöse Neutropenie): Verminderung der Anzahl der Leukozyten (Leukopenie), die Granulozyten können komplett fehlen. Auch die Blutplättchen und das Knochenmark können betroffen sein. Eine Agranulozytose kann sich innerhalb von Stunden ausbilden und geht üblicherweise mit grippeähnlichen Symptomen einher, bei deren Auftreten der Patient darüber aufgeklärt sein muss, dass umgehend eine ärztliche Konsultation erfolgen sollte. Es wird symptomatisch therapiert; Breitbandantibiotika und Granulozyten-Koloniestimulierende Faktoren, wie Filgrastim, werden häufig in der Therapie verabreicht.
  • Eosinophilie: Erhöhung der Anzahl der eosinophilen Granulozyten im Blut. Bei allergischen Reaktionen wie dem Arzneimittelexanthem tritt dies zum Beispiel auf.
  • Thrombozytopenie: Verminderung der Anzahl der Thrombozyten unter 150.000/mm³. Durch den Mangel an Thrombozyten ist die Blutgerinnung gestört und es treten vermehrt Hämatome oder Blutungen auf.
  • Aplastische Anämie: Die Gesamtzahl aller Zellen im Blut ist reduziert (Panzytopenie). Ursache ist eine gestörte Stammzellreifung im Knochenmark.

  Superinfektion mit resistenten Bakterien und Pilzen

Wie bei allen Therapien mit Antibiotika kann es bei langer und/oder hochdosierter Gabe zu einer Selektion von resistenten Bakterien oder einer Überwucherung mit Sprosspilzen wie z. B. Candida albicans kommen. Diese können dann wiederum zu klinischen Symptomen führen. Besonders gefürchtet ist die pseudomembranöse Enterocolitis durch eine Überwucherung mit Clostridioides difficile.

  Nierenschäden, z. B. interstitielle Nephritis

Insbesondere bei längerer, hochdosierter Therapie mit Benzylpenicillin kann es zu einer interstitiellen Nephritis mit Proteinurie und Hämaturie, Fieber, Exanthemen und Eosinophilie kommen. Hierfür kann auch eine Immunkomplex-Allergie (= Typ-3-Reaktion) verantwortlich sein. Ebenfalls sind schwere Niereninsuffizienz, Glomerulonephritis und akutes Nierenversagen nach nur einer Benzylpenicillin-Injektion beschrieben worden. Daher sollte bei einer langen und/oder einer hochdosierten Therapie mit Benzylpenicillin regelmäßig die Nierenfunktion kontrolliert werden.

  Neurotoxische Reaktionen, z. B. Krampfanfälle

Bei Tagesdosen von 40 bis 60 Millionen I.E. Benzylpenicillin kann es zu neurotoxischen Reaktionen wie z. B. Krampfanfälle kommen. Diese können zunächst lokal sein und später sekundär generalisieren. Komatöse Zustände sind dabei möglich. Besonders Säuglinge, alte Patienten, Patienten mit bekannter Epilepsie und Patienten mit bestehender Niereninsuffizienz zeigen unter der Therapie eine erhöhte Krampfbereitschaft. Auch bei Septikämien durch gramnegative Bakterien, Endocarditis oder nach herzchirurgischen Eingriffen mit Herz-Lungen-Maschine muss mit einem erhöhten Krampfpotential unter Benzylpenicillin gerechnet werden.

  Gerinnungsstörungen

Dosisabhängig kommt es unter der Gabe von Benzylpenicillin zu Gerinnungsstörungen. Bei Nierengesunden kommt es oberhalb einer Tagesdosis von 20 Millionen I.E. zu einer Verlängerung der Blutungszeit infolge der Hemmung der Thrombozytenaggregation. Dieser Effekt tritt innerhalb von 24 Stunden nach Beginn der Therpie auf und kann bis zu 4 Tage nach Beendigung der Therapie fortbestehen.
Bei noch höheren Tagesdosen kommt zusätzlich eine Hemmung der plasmatischen Gerinnung hinzu, die auf eine erhöhte Antithrombin-III-Aktivität und eine Hemmung der Aktivierung von Faktor Xa zurückgeht.

  Stoffwechsel- und Elektrolytstörungen, z. B. Hypernatriämie

Durch die hohe Natriumzufuhr bei hoher und/oder langer Dosierung kann sich insbesondere bei niereninsuffizienten Patienten eine Natrium-Intoxikation entwickeln mit weiteren Veränderungen der Elektrolyte (Hypokaliämie) und des Säure-Basen-Haushalts (metabolische Alkalose). Daher sollten in diesem Fall regelmäßig die Serum-Elektrolyte kontrolliert werden. Besonders gefährdet sind Patienten mit einer Niereninsuffizienz.

  Hepatitis, Cholestase

Selten kann es bei der Gabe von Benzylpenicillin zu einer akuten Hepatitis und Cholestase kommen. Die Ursache dafür ist unbekannt.

  Lokale Reaktionen am Injektionsort

Bei i.v.-Injektionen kann es zu Reizungen der Venenwand bis hin zur Thrombophlebitis kommen.
Besonders bei i.m.-Injektionen kann es häufig -auch wegen des nicht unerheblichen Volumens- zu Schmerzen an der Injektionsstelle kommen.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegen BETA-Lactame

Häufig kommt es unter der Therapie mit Penicillinen und Cephalosporinen zur Sensibilisierung des Patienten, die bei wiederholter Anwendung wegen der auftretenden allergischen Reaktionen zum Therapieabbruch zwingt. Es wird von Exanthemen der Haut mit Juckreiz und Nesselsucht berichtet, deren Therapie mit Antihistaminika und Glucocorticoiden möglich ist. Wegen der Gefahr eines anaphylaktischen Schocks (= Überempfindlichkeitsreaktion vom Soforttyp = Typ1-Reaktion) darf bei diesen Patienten eine parenterale Gabe von Benzylpenicillin nicht erfolgen.
Bei bekannten schweren Überempfindlichkeitsreaktionen sind alle Betalactam-Antibiotika kontraindiziert. Bei bekannten Überempfindlichkeitsreaktionen gegen bestimmte Betalactame darf der Einsatz eines anderen Betalactam-Antibiotikums wegen einer möglichen Kreuzallergie nur mit besonderer Vorsicht erfolgen.

Die Ursache der Unverträglichkeit liegt im β-Lactamring begründet, der mit Proteinen und Makromolekülen des Menschen unter Bildung eines Antigens reagieren kann. Bei einer nachgewiesenen Unverträglichkeit gegen Benzylpenicillin muss immer an die Möglichkeit einer Kreuzallergie gegen andere Betalactam-Antibiotika wie z. B. andere Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme gedacht werden. Ausgenommen von einer Kreuzallergie sind die Monobactame wie z. B. Aztreonam.

Bei Patienten, die gleichzeitig eine Dermatomykose haben, kann es nach erstmaliger Gabe von Benzylpenicillin zu paraallergischen Reaktionen kommen, da zwischen Stoffwechselprodukten von Dermatophyten und Benzylpenicillin eine Antigengemeinschaft bestehen kann. Eine topische Gabe des Wirkstoffes ruft besonders leicht allergische Reaktionen hervor, so dass die Gabe immer peroral oder parenteral erfolgen muss.

Neben der bisher erwähnten Überempfindlichkeitsreaktion vom Soforttyp können Penicilline auch zytotoxische Reaktionen (= Typ-2-Reaktion) mit Panzytopenien und Immunkomplex-Reaktionen (=Typ-3-Reaktion) auslösen.

Stillzeit

Die Konzentration von Benzylpenicillin in der Muttermilch erreicht etwa 2-15 % der Serumkonzentration. Bei stillenden Müttern besteht daher die Möglichkeit einer Sensibilisierung des Säuglings gegenüber Benzylpenicillin sowie einer Beeinträchtigung der Darmflora mit folgender Sprosspilzbesiedelung wie z. B. Candida albicans und Durchfällen.

Wechselwirkungen

  Bakteriostatische Antiinfektiva, z. B. Tetracykline

In der Regel führt die kombinierte Gabe von bakteriziden und bakteriostatischen Antiinfektiva zu einem antagonistischen Effekt, d. h. der therapeutische Effekt der Kombinationstherapie ist geringer als der Effekt der Einzelgabe der stärker wirkenden Substanz. Daher sollten Penicilline oder Cephalosporine nicht mit bakteriostatisch wirkenden Antibiotika wie z. B. Tetracycline, Chloramphenicol, Makrolide oder Sulfonamide kombiniert werden.

Bakterizid wirkende Antibiotika wie Penicilline und Cephalosporine sind nur dann wirksam, wenn die Erreger proliferieren. Hält ein bakteriostatisches Antiinfektivum die Erreger jedoch von der Zellteilung ab, kann der bakterizide Wirkstoff keine therapeutische Wirkung entfalten.

Kombinationstherapien geeigneter Antibiotika sind jedoch häufig. Dabei werden z. B. Antibiotika kombiniert, deren Wirkspektren sich ergänzen (z. B. Cephalosporine und Aminiglykoside) oder deren Wirkungen sich ergänzen (z. B. Sulfamethoxazol und Trimethoprim). Eine der wenigen Einsatzgebiete einer Kombination bakterizider und bakteriostatischer Antibiotika ist die empirische Antibiose bei hospitalisierten Patienten mit einer Pneumonie. Da hier auch atypische Erreger (zellwandlose Bakterien) eine Rolle spielen können, kombiniert man hier oftmals Makrolide mit Betalaktamen. Diese werden aber intravenös und wesentlich höher dosiert, als es im ambulanten Umfeld der Fall wäre. Somit kommt es hier kaum zu einer Wirkabschwächung.

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  Hormonelle Kontrazeptiva

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gabe von Antiinfektiva die Zuverlässigkeit der Empfängnisverhütung nach Einnahme oraler Kontrazeptiva vermindert, so dass Patientinnen empfohlen werden sollte, zusätzlich andere Verhütungsmethoden zu nutzen (z. B. Kondome).

Weibliche Sexualhormone werden z. T. als Phase-II-Metaboliten biliär ausgeschieden. Die mikrobielle Darmflora des Menschen kann diese Phase-II-Konjugate dekonjugieren, was die Sexualhormone erneut resorbierbar macht; es kommt zum enterohepatischen Kreislauf. Als Mechanismus der Wechselwirkung kann daher angenommen werden, dass die durch ein Antibiotikum beeinträchtigte Darmflora nicht mehr in ausreichendem Maße zur Dekonjugation der Sexualhormone befähigt ist. Dies führt zu einer Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufs und somit zu einer schnelleren Elimination der Sexualhormone und damit zu geringeren Wirkstoffspiegeln der Sexualhormone.

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  Probenecid

Benzylpenicillin wird hauptsächlich über die Nieren eliminiert. Dabei gelangen 90 % des Arzneistoffs durch tubuläre Sekretion über einen Säurecarrier und nur 10 % durch glomeruläre Filtration in den Tubulusapparat. Probenecid wird über den gleichen Säurecarrier in den Tubulusapparat sezerniert, so dass es bei der kombinierten Anwendung dieser Arzneistoffe zu erhöhten Serumkonzentrationen und einer verlängerten Eliminationshalbwertszeit von Benzylpenicillin kommt.
Weierthin hemmt Probenecid den Penicillin-Transport aus dem Liquor in das Gehirngewebe und verschlechtert die ohnehin schon schlechte Penetration in das Gehirn.

Die pharmakokinetische Wechselwirkung mit Probenecid machte man sich früher zu Nutze, als das Penicillin neu in die Therapie eingeführt wurde und noch nur in begrenzten Mengen zur Verfügung stand. Heute wird diese Interaktion noch bei der Behandlung der unkomplizierten Gonorrhoe durch eine kombinierte Einmalgabe von Amoxicillin bzw. Cefaclor mit Probenecid genutzt.

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  Salicylate

Penicilline werden in der Niere nicht nur glomerulär filtriert sondern zusätzlich über einen Säurecarrier tubulär sezerniert. Über diesen Säurecarrier werden auch andere Säuren sowie Arzneistoffe mit Säurefunktion zusätzlich sezerniert. Dazu gehören Salicylate und andere NSAR wie z. B. Indometacin und Phenylbutazon. Bei der gleichzeitigen Anwendung von Penicillinen und den genannten Arzneistoffen kann es zu einer Konkurrenz um den Säurecarrier kommen. Die Penicilline haben dann eine verlängerte Eliminationshalbwertszeit und erhöhte Serumkonzentrationen.

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  Indometacin

Penicilline werden in der Niere nicht nur glomerulär filtriert sondern zusätzlich über einen Säurecarrier tubulär sezerniert. Über diesen Säurecarrier werden auch andere Säuren sowie Arzneistoffe mit Säurefunktion zusätzlich sezerniert. Dazu gehören Salicylate und andere NSAR wie z. B. Indometacin und Phenylbutazon. Bei der gleichzeitigen Anwendung von Penicillinen und den genannten Arzneistoffen kann es zu einer Konkurrenz um den Säurecarrier kommen. Die Penicilline haben dann eine verlängerte Eliminationshalbwertszeit und erhöhte Serumkonzentrationen.

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Wirkmechanismus

Zur antiinfektiven Therapie können solche Substanzen herangezogen werden, die eine Toxizität gegen den pathologischen Mikroorganismus, nicht jedoch gegen den zu behandelnden Patienten besitzen. Dieses Prinzip der selektiven Toxizität ist bei der Stoffgruppe der β-Lactame, die unter anderem Penicilline und Cephalosporine umfasst, dahingehend verwirklicht, als dass in den Auf- und Umbau der bakteriellen Zellwand eingegriffen wird -einer Zielstruktur, die beim Menschen nicht anzutreffen ist. Dies erklärt die gute Verträglichkeit und geringe Toxizität dieser Stoffgruppe.

Die bakterielle Zellwand besteht aus Polysaccharidsträngen (Aminozuckerketten aus N-Acetylmuraminsäure und N-Acetylglucosamin), die über Oligopeptide miteinander verknüpft werden und die somit den Zusammenhalt der Zellwand gewährleisten und den hyperosmotischen Zellinhalt vor dem Austreten bewahren. Ein entscheidender Schritt in der Biosynthese der Zellwand ist die Quervernetzung der Oligopeptide unter Zuhilfenahme des Enzyms Transpeptidase, mit dem zunächst das Peptid, das endständig die Aminosäuren D-Ala-D-Ala trägt, unter Abspaltung eines D-Alanins reagiert. Anschließend erfolgen die Übertragung und Quervernetzung der Peptidkette (Transpeptidierung).

β-Lactame weisen, sofern der β-Lactamring noch geschlossen ist, eine starke strukturelle Ähnlichkeit zum D-Ala-D-Ala-Peptid auf. Dies befähigt sie, mit der Transpeptidase zu reagieren und diese irreversibel zu blockieren. Dies kann auch mit Endopeptidasen und Carboxypeptidasen geschehen, so dass man all jene Enzyme, die von β-Lactamen inaktiviert werden, als penicillinbindende Proteine bezeichnet (PBP); β-Lactame selbst werden als Suizid-Substrate dieser Enzyme betrachtet. Nur sich teilende Bakterien bauen ihre Zellwand so um, dass β-Lactame wirksam werden. β-Lactame sind dann bakterizid wirksam. Die Zellmembran kann dem osmotischen Druck des Zellinnern nicht mehr standhalten, wenn die Zellwandstruktur beeinträchtigt wurde: es kommt zur Zelllyse. Dabei muss für eine ausreichende Wirksamkeit der Wirkstoffspiegel des β-Lactams über dem gesamten Zeitraum über der minimalen Hemmkonzentration (MHK) liegen.

Das Wirkspektrum von Benzylpenicillin (Penicillin G) umfasst grampositive Streptokokken und Pneumokokken, gramnegative Kokken wie z. B. Neisserien (Meningokokken und Gonokokken) sowie gramnegative Spirochäten wie Treponema pallidum und Borreelia burgdorferi. Zu den von Natur aus resistenten Keinem gehören vor allem gramnegative Stäbchen wie z. B. E.coli, aber auch andere Bakterien-Arten wie z. B. Enterococcus faecium, Legionellen, Moraxella catarrhalis, Pseudomonas, Chlamydien und Mykoplasmen.

Mikroorganismen können Resistenzen entwickeln, um sich der Bakterizidie des β-Lactams zu entziehen. Folgende Mechanismen treten auf:

Produktion von b-Lactamasen: Es handelt sich um Enzyme, die den β-Lactamring des Antiinfektivums spalten können, so dass die biologische Aktivität verloren geht. Weiterhin können manche β-Lactamasen auch inaktivierte PBP wieder reaktivieren. Grampositive Keime wie z. B. Staphylokokken sezernieren permanent β-Lactamasen in ihre Umgebung, um sich vor Penicillinen und Cephalosporinen zu schützen; bei gramnegativen Keimen kann die Produktion teilweise konstitutiv, teilweise aber auch induziert durch β-Lactame erfolgen, wobei sich die β-Lactamasen im periplasmatischen Raum aufhalten und auf diese Weise einen "Schutzwall" ausbilden. Durch Gabe von β-Lactamase-stabilen Penicillinen bzw. Cephalosporinen oder von β-Lactamase-Inhibitoren (Clavulansäure) kann die Resistenz umgangen werden.
β-Lactamasen werden einerseits anhand von homologen Aminosäuresequenzen in die Molekülklassen A, B, C und D eingeteilt, wobei die Klassen A, C und D Serinproteasen und die Klasse B Metalloproteasen sind. Andererseits gibt es noch die Einteilung nach der funktionellen Art:
  1. Gruppe 1: Cephalosporinasen der Molekülklasse C, die nicht durch Claculansäure inhibierbar sind
  2. Gruppe 2: Penicillinasen und Cephalosporinasen der Molekülklasse A und D, die durch Clavulansäure gespalten werden
  3. Gruppe 3: Metalloproteasen der Molekülklasse B, die nicht durch Clavulansäure ihibierbar sind
  4. Gruppe 4: Penicillinasen, die keine Molekulklassen ugeordnet werden können und nicht durch Clavulansäure inhibierbar sind.
Seit den 80er Jahren gibt es besonders bei gramnegativen Bakterien wie z. B. Escherichia coli oder Klebsiellen auch sog. Extended-Spectrum-β-Laktamasen (ESBL), die auch Cephalosporine mit einer Oxyimino-Seitenkette spalten können. ESBL verursachen damit auch eine Resistenz gegen Cefotaxim, Ceftriaxon und Ceftazidim sowie das Monobactam Aztreonam. Hier können derzeit nur noch Carbapeneme eingesetzt werden.

Modifikation des Targets: Bei Pneumokokken und einigen anderen Streptokokken können nach einer Mutation die PBPs so verändert sein, dass β-Lactam-Antibiotika wie z. B. Benzylpenicillin keine ausreichend hohe Affinität mehr gegenüber den PBPs hat.  Bei Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA) wird ein zusätzliches PBP mit verringerter Affinität gegenüber Benzylpenicillin gebildet.

Verminderte Penetrierbarkeit der äußeren Zellmembran für b-Lactame: Vorhandene Effluxpumpen können z. B. Benzylpenicillin aktiv wieder aus der Bakterienzelle pumpen.

Neben dem nicht oral verfügbaren Benzylpenicillin gibt es oral verfügbare, aber nicht β-Lactamase-stabile Penicilline (Phenoxymethylpenicillin), β-Lactamase-feste Penicilline (Oxacillin), Aminopenicilline mit erweitertem Wirkspektrum (Amoxicillin), nicht oral verfügbare Cephalosprine (Cefazolin), Oralcephalosporine (Cefaclor) und β-Lactamase-feste Oralcephalosporine (Cefuroximaxetil, Cefixim, Cefpodoxim). Zwischen diesen β-Lactamen bestehlt eine partielle oder vollständige Kreuzresistenz.

Benzylpenicillin ist nicht säurestabil und daher nur parenteral zur i.v.- oder i.m.-Injektion anwendbar. Eine intrathekale (= in den Liquorraum appliziert) Gabe ist in Ausnahmefällen möglich. Es ist zu etwa 50 % an Plasmaproteine gebunden. Die Gewebegängigkeit ist gut, jedoch nicht in Muskulatur, Knochen, Nervengewebe und Gehirn. Die Liqourgängigkeit ist gering, bei Entzündung der Hirnhäute hingegen deutlich erhöht bis zu 50 % der Serumspiegel, was deren Einsatz bei durch Penicillin-sensible Keime verursachter Meningitis erklärt. Benzylpenicillin ist plazentagängig. Auch im Fruchtwasser können hohe Konzentrationen nachgewiesen werden. Die Serumwerte im fetalen Kreislauf erreichen daher die mütterlichen Werte. Ein teratogenes Potential konnte nicht nachgewiesen werden. Der Übergang in die Muttermilch liegt zwischen 2 und 15 % der Serumkonzentration.

Benzylpenicillin wird fast ausnahmslos über die Nieren ausgeschieden. Daraus ergeben sich Dosisanpassungen bzw. Intervallanpassungen bei einer bestehenden Niereninsuffizienz. 90 % gelangen durch tubuläre Sekretion über einen Säure-Carrier (cave Wechselwirkungen), nur 10 % durch glomeruläre Filtration in den Tubulusapparat. Die Plasmahalbwertszeit beträgt bei nierengesunden Erwachsenen etwa 30-40 Minuten. Sie steigt im Alter auf etwa 1,5 Stunden. Bei Kindern liegt sie bei 2 Stunden, bei Neugeborenen bei 3 Stunden.

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Patientenhinweis

Benzylpenicillin ist ein Schmalspektrum-Antibiotikum, gegen das es häufig Resistenzen gibt bzw. sich entwickeln. Dennoch hat es gegen einige Keime eine immer noch hervorragende Wirksamkeit bewahrt. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, vor dessen Anwendung eine Erregerkultur anzulegen und ein Antibiogramm zu machen.

Gelegentlich bis häufig kann es zu allergischen Reaktionen wie z. B. Arzneimittel-Exanthem, Urtikaria und Bronchospasmus bis hin zum anaphylaktischen Schock kommen (= Typ-1-Reaktion). Bei allergischen Reaktionen ist Benzylpenicillin sofort abzusetzen. Geeignete Notfallmaßnahmen wie z. B. Gabe von Glucocorticoiden und Adrenalin sind gegebenenfalls einzuleiten. Bei einer bekannten Penicillin-Allergie muss immer auch an Kreuzallergien gegenüber anderen Penicillinen, Cephalosporinen und Carbapenemen gedacht werden.
Besonders bei Infektionen mit gramnegativen Keimen wie z. B. Spirochäten (Treponema, Borrelia) kann es durch den anfangs massiven Zerfall der Bakterien zur übermäßigen Freisetzung von Endotoxin kommen. Endotoxin setzt Entzündungsmediatoren frei, die zu Fieber, Schüttelfrost, Exanthemen, Arthralgie und Myalgie führen können. Dieses ist auch als sog. Jarisch-Herxheimer-Reaktion bekannt. Die Beschwerden setzen meist 2 bis 12 Stunden nach Therapiebeginn ein und klingen in der Regel innerhalb weniger Stunden wieder ab. Dennoch sind schwere Verlaufsformen mit Schocksymptomatik beschrieben worden. Gegebenenfalls können Glucocorticoide und Antipyretika die Beschwerden lindern.

Bei einer langen und/oder einer hochdosierten Therapie mit Benzylpenicillin sollten regelmäßig das Blutbild, die Elektrolyte und die Nierenfunktion kontrolliert werden. Benzylpenicillin kann nicht nur eine Allergie vom Soforttyp, sondern auch eine zytotoxische Allergie (= Typ-2-Reaktion) auslösen, bei der es zu hämolytischer Anämie, Leukopenie und/oder Thrombozytopenie kommen kann.
Durch die hohe Natriumzufuhr bei hoher oder langer Dosierung kann sich insbesondere bei niereninsuffizienten Patienten eine Natrium-Intoxikation entwickeln mit weiteren Veränderungen der Elektrolyte (Hypokaliämie) und des Säure-Basen-Haushalts (metabolische Alkalose).
Weiterhin kann Benzylpenicillin eine Immunkomplex-Allergie (= Typ-3-Reaktion) auslösen. Es kann zu einer interstitiellen Nephritis mit Proteinurie und Hämaturie, Fieber, Exanthemen und Eosinophilie kommen. Ebenfalls sind schwere Niereninsuffizienz, Glomerulonephritis und akutes Nierenversagen nach nur einer Benzylpenicillin-Injektion beschrieben worden.
Benzylpenicillin kann mit Proteinen und anderen Makromolekülen des Körpers reagieren und dabei labordiagnostische Untersuchungen stören. Ein positiver direkter Coombs-Test entwickelt sich in 1-10 % der Fälle.

Der direkte Coombs-Test (= direkter Antihuman-Globulin-Test = DAT) testet auf inkomplette Antikörper, mit denen Erythrozyten schon beladen sind als Zeichen einer stattgefundenen Sensibilisierung. Daraus kann sich eine hämolytische Anämie entwickeln. Der positive Befund kann noch bis zu 6-8 Wochen nach Beendigung der Therapie mit Benzylpenicillin erhalten bleiben. Weiterhin kann unter der Gabe von Benzylpenicillin die Bestimmung von Glucose, Eiweiß, Aminosäuren und 17-Ketosteroiden im Urin zu falsch positiven Ergebnissen führen. Im Blut bindet Benzylpenicillin an Albumin. Das kann zu einem biphasischen peak von Albumin in der Immunelektrophorese führen.

Orale Kontrazeptiva unterliegen dem enterohepatischen Kreislauf, was zu einer längeren Verweildauer im Körper und damit zu einer längeren Wirkung führt. Estrogene werden mit Schwefelsäure oder Glucuronsäure konjugiert und in den Darm ausgeschieden, wo sie nach Spaltung durch die Darmbakterien wieder resorbiert werden. Benzylpenicillin kann die Darmflora stören und den enterohepatischen Kreislauf von oralen Kontrazeptiva unterbrechen. Darüber hinaus kann Erbrechen und/oder Durchfall während einer Behandlung mit Benzylpenicillin die Aufnahme von oralen Kontrazeptiva hemmen. Eine verminderte kontrazeptive Wirkung ist die Folge.

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Dosierung

Rekonstitution und Handhabung
Zur Herstellung von Injektions- und Infusionslösungen sollte Benzylpenicillin entweder in Wasser für Injektionszwecke oder in 5 %iger Glucose-Lösung aufgelöst werden. Die entstandene Lösung muss klar und frei von Ausfällungen sein. Die Lösungen sind stets frisch zuzubereiten. Die jeweiligen Durchstechflaschen sind nicht zur Mehrfachentnahme geeignet. Zur parenteralen Anwendung sind isotonische Lösungen anzustreben. Isotonie ist erreicht, wenn ca. 100.000 I.E. Benzylpenicillin (= 60 mg Benzylpenicillin-Natrium)/ml Wasser gelöst sind.
Auch bei der intramuskulären Applikation sind isotonische Lösungen am besten geeignet. Sollten wegen eines zu hohen Volumens höhere Konzentrationen von 0,5-1 Million I.E./ml Wasser gewählt werden, kann es zu Schmerzen an der Einstichstelle kommen. Es wird nicht empfohlen mehr als 10 Millionen I.E. Benzylpenicillin -gelöst in 10-20 ml Wasser- intramuskulär zu applizieren.


Benzylpenicillin hat einen breiten Dosierungsspielraum, wobei sich die Art der Anwendung, die Höhe der Dosis und das Dosierungsintervall nach Art und Empfindlichkeit des Erregers, der Schwere der Infektion und dem Zustand des Patienten richten. Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren erhalten pro Tag 1 bis 5 Millionen I.E. Benzylpenicillin (= 600-3.000 mg Benzylpenicillin-Natrium) verteilt auf 4 bis 6 Einzeldosen. Bei schweren Infektionen wird die Dosis erheblich gesteigert auf 20 bis 60 Millionen I.E. (= 12.000-36.000 mg Benzylpenicillin-Natrium) in 4 bis 6 Einzeldosen. Bei Kindern von 1 bis 12 Jahren wird nach dem Körpergewicht dosiert. Sie erhalten 0,05-0,5 Million I.E. Benzylpenicillin (= 30-300 mg Benzylpenicillin-Natrium)/kg KG verteilt auf 4-6 Einzeldosen. Säuglinge zwischen dem 1. und 12. Lebensmonat erhalten 0,05-1 Million I.E. Benzylpenicillin (= 30-600 mg Benzylpenicillin-Natrium)/kg KG verteilt auf 3-4 Einzeldosen. Auch bei Neu- und Frühgeborenen ist eine Therapie mit Benzylpenicillin möglich. Wegen der Leberunreife und der noch verminderten Exkretion darf ein Dosierungsintervall von 12 Stunden nicht unterschritten werden. Sie erhalten pro Tag 0,5 bis 0,1 Million I.E. Benzylpenicillin/kg KG in 2 Einzeldosen. Die Dosis kann bis 0,5 Million I.E./kg KG am Tag in 2 Einzeldosen gesteigert werden.

Zur Behandlung von Infektionen im ZNS ist in Ausnahmefällen eine intrathekale (= in den Liquorraum appliziert) Gabe von Benzylpenicillin möglich. Dabei darf eine Tagesdosis von 5.000 I.E. (= 3 mg Benzylpenicillin-Natrium) nicht überschritten werden. Vor Injektion ist die Lösung auf 37 Grad zu erwärmen und mit der Punktionsnadel ein gleiches Volumen an Liquorflüssigkeit zu entnehmen. Die Injektion muss sehr langsam erfolgen.

Bei Patienten mit Niereninsuffizienz muss bei gleicher Initialdosis die Erhaltungsdosis reduziert und/oder das Dosierungsintervall verlängert werden. Die Anpassung erfolgt gemäß der jeweiligen glomerulären Filtrationsrate bzw. des Serumkreatinin-Wertes. In der Fachinformation findet sich zu der Anpassung eine entsprechende Tabelle.

Die jeweilige Behandlungsdauer richtet sich nach dem Ansprechen der Behandlung bzw. nach der Klinik. Sie muss mindestens noch drei Tage nach erfolgter Entfieberung fortgesetzt werden. Eine längere und/oder hochdosierte Anwendung erfordert regelmäßige Kontrollen der Serumelektrolyte, da es infolge der Natrium-Belastung zu einer Hypernatriämie mit begleitender Hypokaliämie und metabolischer Alkalose kommen kann. Weiterhin sollten das Blutbild und die Nierenfunktion bei längerer Therapie kontrolliert werden.

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