Bei der prophylaktischen Gabe von Antiinfektiva ist eine strenge Indikationsstellung vorzunehmen, da eine Chemoprophylaxe u. a. zur Entstehung von Resistenzen beitragen kann. Im konkreten Falle sind nur Patienten mit mittlerem bis hohen Risiko an einer Endokarditis zu erkranken prophylaktisch mit Antibiotika zu therapieren. Hierzu gehören Patienten mit vorbestehenden Herzerkrankungen bzw. Fehlbildungen am Herzen, die einen kontinuierlichen Blutfluss verhindern (Herzklappenfehler, Kammer-Septumdefekt etc.).
Die Endocarditis ist eine Entzündung der Herzinnenhaut (= Endocard), die die Wand der Herzhöhlen und der davon abgehenden Arterien und Venen bedeckt. Darüber hinaus bildet die Herzinnenhaut die 4 Herzklappen (Aorten-, Pulmonal-, Mitral- und Tricuspidal-Klappe), die im Rahmen einer Endocarditis mitbeteiligt sein können. Die Endocarditis wird klinisch nach der Ursache eingeteilt:
Es gibt die abakterielle Endocarditis, die im Rahmen systemischer Erkrankungen wie z. B. der rheumatoiden Arthritis auftritt, und die im Folgenden besprochene, viel häufigere infektiöse Endocarditis, die im Wesentlichen durch Bakterien -nur selten durch Viren oder Pilze- ausgelöst wird.
Hochakut bzw. akut verlaufende bakterielle Endocarditiden werden durch Streptokokken, Staphylokokken oder Enterokokken ausgelöst. Die subakute Endocarditis (= Endocarditis lenta) wird durch α-hämolysierende Streptokokken wie z. B. Streptococcus viridans verursacht. Der Entzündung am Endocard geht eine Streuung von Bakterien durch bestimmte Eintrittspforten wie z. B. Wunden voraus. Insbesondere sind hier zahnärztliche Eingriffe, aber auch Operationen oder Endoskopien zu nennen. Daher wird im Rahmen von zahnärztlichen Behandlungen häufig eine Endocarditis-Prophylaxe mit einem Antibiotikum durchgeführt.
Patienten mit Herzklappenfehlern oder künstlichen Herzklappen haben ein erhöhtes Endocarditis-Risiko. Auch Patienten, die bereits einmal eine Endocarditis hatten, haben ein deutlich erhöhtes Risiko, erneut eine Endocarditis zu bekommen.
Als Komplikation können im Rahmen einer Endocarditis die Herzklappen zerstört werden. Die entzündlich veränderten Ablagerungen an den Herzklappen können sich lösen und zu Embolien (z. B. Lungenembolie oder Embolien an der Retina) führen. Weiterhin können die Erreger streuen und zu Abszessen in anderen Organen oder gar zur Sepsis führen. Daher muss eine Endocarditis umgehend und über einen langen Zeitraum mit Antibiotika behandelt werden.
Klinisch bedeutende und vom Patienten berichtete Symptome sind Fieber (80-90 % der Fälle) und Schüttelfrost, Nachtschweiß, Herzgeräusche und Tachykardie. Häufig kommen noch weitere Symptome hinzu, wie z. B. Anorexie und Gewichtsverlust, oder bei Nierenbeteiligung eine Hämaturie (Blut im Urin) und Proteinurie (Eiweiß im Urin). Bei Herzklappenschäden können sich Symptome einer Herzinsuffizienz entwickeln. Wie oben erwähnt kann es zu Embolien kommen.
Für die Diagnostik wurden nach Duke klinische Kriterien aufgestellt, die sich in Haupt- und Nebenkriterien aufteilen. Zu den Hauptkriterien gehören der positive Erregernachweis in Blutkulturen und der morphologische Nachweis -etwa im Rahmen eines Ultraschalls (Sonographie) des Herzens- einer Beteiligung der Herzklappen mit eventueller Klappeninsuffizienz. Beispiele für Nebenkriterien sind Fieber, Embolien, Glomerulonephritis, Rheumafaktoren (bei abakterieller Endocarditis) oder auch ein i.v.-Drogenabusus.
Die Therapie richtet sich selbstverständlich nach der Ursache. Bei abakterieller Endocarditis, z. B. im Rahmen einer rheumatoiden Erkrankung, kommen Immunsuppressiva zum Einsatz. Bei den viel häufigeren bakteriellen Endocarditiden sollte möglichst das infizierte Gewebe chirurgisch entfernt werden. Stark geschädigte Herzklappen müssen operativ durch künstliche Herzklappen ersetzt werden. Darüber hinaus müssen entsprechend der jeweils in der Blutkultur gefundenen Erreger Antibiotika eingesetzt. Gegen die grampositiven Erreger werden Penicilline oder Ceftriaxon als Cephalosporin der 3. Generation über 4 Wochen eingesetzt. Bei einer verkürzten Therapie wird mit Aminoglykosiden wie z. B. Gentamicin kombiniert. Bei Resistenzen wie z. B. MRSA ist Vancomycin oder Daptomycin, ein cyclisches Lipopeptid, eine Alternative.
Zur Prophylaxe einer Endocarditis, etwa bei zahnchirurgischen Eingriffen, wird häufig Clindamycin eingesetzt. Clindamycin dient als Chemoprophylaxe 2. Wahl, wenn Penicilline z. B. wegen einer Überempfindlichkeit nicht eingesetzt werden können. Die Substanz kann auch zur Behandlung der Endokarditis genutzt werden.