Unter dem Reizdarmsyndrom (RDS) wird eine Gruppe funktioneller Darmbeschwerden zusammengefasst. Die Symptomatik ist daher von Patient zu Patient sehr variabel. Wichtig ist dabei, dass es sich beim Reizdarmsyndrom um eine Ausschlussdiagnose handelt, d. h. erst, wenn andere, gravierende, klar zu definierende Ursachen wie z. B. entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Tumore (Magenkarzinom, Kolonkarzinom), Ulzera (Magen, Duodenum), Zöliakie (= glutensensitive Enteropathie), etc. mittels aufwendiger Diagnostik (Ultraschall vom Bauch, Gastroskopie, Koloskopie, Blutuntersuchung,…) ausgeschlossen werden konnten, darf die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt werden. Die Erkrankung ist nach derzeitigen Erkenntnissen ungefährlich, kann aber die Lebensqualität erheblich einschränken. Frauen sind etwa doppelt so häufig wie Männer betroffen. Die derzeit diskutierten Ursachen sind ebenso verschieden wie die Symptomatik. Genannt seien an dieser Stelle eine Veränderung der Darmmotilität als Fehlsteuerung des autonomen Nervensystems, Störungen des Immunsystems oder eine viszerale Hypersensitivität, bei der die Patienten eine erniedrigte Schmerzschwelle im Kolon haben. Eine psychische Komponente kann hinzukommen.
Im Vordergrund stehen diffuse, oft krampfartige Schmerzen oder ein Unwohlsein im Bauchraum. Das zweite, wichtige Symptom ist die Veränderung der Stuhlgewohnheit. Daher teilt man das Reizdarmsyndrom in vorwiegend mit Diarrhoe (RDS-D) und in vorwiegend mit Obstipation (RDS-O) einhergehende Verläufe ein. Daneben kommt es häufig zu Völlegefühl und Blähungen. Für die Diagnose Reizdarmsyndrom müssen nach Ausschluss oben genannter schwerwiegenderer Erkrankungen die Beschwerden im letzten Jahr mindestens 12 Wochen lang angedauert haben und zwei der drei folgenden Merkmale bestehen:
- Patient empfindet Erleichterung nach der Stuhlentleerung
- Änderung der Stuhlfrequenz
- Änderung der Stuhlkonsistenz
Die therapeutischen Möglichkeiten sind sehr begrenzt. Die Ernährung sollte umgestellt werden, jedoch richten sich die Empfehlungen nach der vorherrschenden Symptomatik. Der Patient sollte angehalten werden, Speisen und Getränke, die bei ihm diese Symptome eventuell auslösen oder verschlimmern, zu erkennen und schließlich zu meiden. Ballaststoffe helfen bei Obstipation, können aber bei Durchfall zu Blähungen führen. Die Mahlzeiten sollten regelmäßig eingenommen werden, klein, aber dafür häufiger am Tag sein. Auf eine ausreichende Trinkmenge (1,5-2 Liter) muss geachtet werden. Daneben können zunächst pflanzliche Mittel wie Fenchel-, Anis-, Kümmel- oder Kamillentees bzw. kombinierte Pflanzenextrakte (z. B. Iberogast®) versucht werden. Gegen die abdominellen Schmerzen werden Spasmolytika wie Mebeverin oder Butylscopolamin eingesetzt. Den möglichen Erfolg der Gabe von niedrig dosierten Antidepressiva wie z. B. Amitriptylin erklärt man sich über eine Änderung der Schmerzempfindung. Laxantien wie Bisacodyl bei Obstipation bzw. Antidiarrhoika wie Loperamid bei Durchfall sollen nur bei schwerer Symptomatik für kurze Zeit angewendet werden. Der im Mai 2013 bei mittelschwerem bis schwerem Reizdarmsyndrom mit Obstipation zugelassene Arzneistoff Linaclotid, ein selektiver Guanylatcyclase-C-Rezeptor-Agonist, wurde 2014 in Deutschland wieder vorläufig vom Markt genommen, nachdem der GBA dem Arzneistoff keinen Zusatznutzen zugesprochen hat und sich Hersteller und der GKV-Spitzenverband nicht auf einen Erstattungspreis einigen konnten.